Hattingen. Egon Stratmann gibt unter Beruf „Maler und Gestalter“ an. Doch der Mann, der am Sonntag seinen 80. Geburtstag feiert, hat die Henrichshütte stets künstlerisch begleitet – und viel Kirchenkunst gefertigt.

  • Er ist Hattinger – und natürlich Blankensteiner
  • Lehrtätigkeit an der Meisterschule in Dortmund
  • Aktuelle Arbeit zum Thema Stier

„Hallo Herr Stratmann, ein großer Tag steht an. Haben Sie vorher noch Zeit für mich, ich würde dazu gerne ein Porträt über Sie schreiben.“ „Meinen Sie, dass das interessiert?“ Ja! Meine ich. Denn Künstler Egon Stratmann, der mit eindringlichen Bildern zur Henrichshütte und nachhaltigen Werken in der Kirchenkunst eindrucksvoll Spuren hinterlassen hat, wird am Sonntag 80 Jahre alt.

„Ich mag den Begriff Künstler nicht“, sagt er im WAZ-Gespräch. Denn: „Es gibt heute so viele Künstler. Ich bin Maler und Gestalter.“ Außerdem ist er Hattinger. Und Blankensteiner, natürlich ist er das. Aber dazu später mehr.

Sein Atelier ist aufgeräumt, „so sieht es normalerweise nicht aus“, erklärt Egon Stratmann. Hier wird gefeiert, rund 40 Gäste kommen. An den Wänden hängen seine Werke, Bilder, Zeichnungen, auch kleine Skulpturen. Der Blick bleibt hängen an diesem Bild vom Hochofen. Düsteres Feuerrot als Rahmen, schemenhaft, ganz in Schwarz, steht das Gebäude im Mittelpunkt. Als Hattinger spürt man den Schmerz, der die Arbeiter gequält haben muss, als das Aus für die ­Henrichshütte verkündet wurde. „Dabei ist das Bild entstanden, als von der Schließung noch gar nicht die Rede war“, sagt er.

Womit wir mitten im Leben des Egon Stratmann sind. Immer wieder zog es ihn in Richtung der lodernden Feuer, die ihn inspirierten. Oft mitten in der Nacht. Er malte, verkaufte auch an Thyssen-Krupp.


Die Feuer lodern, greifen in die Dunkelheit. Nächte glühen plötzlich auf. Schwaden ziehen weiß, wogen, treiben, wenn der Wind sie packt. Unruhe in mir. Papier, Farbe, der Zwang, dies malen zu müssen. (Auszug aus „Die Hütte“, 1997)

Später begleitete er den Niedergang, den Widerstand. Stratmann gestaltete zum Beispiel das Plakat, das bundesweit in den Medien war. „Das Aus war ein Trauerspiel“, sagt er. „Aber es hat die Menschen zusammengeführt, die Hattinger stehen seitdem Seite an Seite.“ ­Deshalb habe die Stadt diese Zeit überstanden, stehe heute gut da.

Er ist Hattinger, das betont er, kämpft für seine Stadt. Er ist natürlich Blankensteiner, hier geboren, verwurzelt, bekannt und beliebt. Setzt sich fürs Stadtmuseum ein, zurzeit für den Gethmannschen Garten. Stratmann mag den Dialog; die Auseinandersetzung; die Auf­gabe, andere zu überzeugen.

Eben doch ein Künstler.

Berufliches Standbein war für den heute 79- und morgen 80-Jährigen stets die Arbeit für die Kirche. Glasfenster gestaltet er, pures Handwerk, getragen von der Kreativität in der Motivfindung. „Zur Existenzsicherung beigetragen hat außerdem immer meine Lehrtätigkeit an der Meisterschule in Dortmund.“

Zurück in Egon Stratmanns Atelier. Hier hängt ein Kreuzweg an der Wand, 14 Bilder, eher Skizzen, was nicht abwertend gemeint ist, denn sie fallen beim Anblick direkt auf. Auch ein Silbermann steht da, fast so gestaltet, wie er im Hattinger Hüttenkampf vorwegmarschierte. Schräg darüber hängt das Bild vom Hochofen, der Kreis schließt sich. Doch halt, da steht dieses große Werk, für das Schulte-Stades Auerochsen Modell standen. Es ist eine aktuelle Arbeit zum Thema Stier. „Es geht eben immer weiter“, sagt er und schmunzelt. „Immer weiter.“