Hattingen. Die evangelische Gemeinde in Niederwenigern wird den historischen Teil, der seit mehr als 160 Jahren besteht, nicht halten können.

  • 1855 war das ehemalige Pastorat gebaut worden
  • Ursprünglich war das Gemeindehaus das Wohnhaus des Pfarrers
  • Alter Teil und das dahinter liegende Grundstück sollen vermarktet werden

„Es ist wunderschön, aber wir ­werden es nicht halten können.“ Bedauern liegt in der Stimme von Pfarrer Ludwig Nelles aus der evangelischen Gemeinde in Niederwenigern als er über das Gemeindehaus an der Essener Straße spricht. Der denkmalgeschützte Bruchsteinbau bereitet ihm schon eine Weile Kopfzerbrechen. Jetzt ist klar: Die Gemeinde kann sich das alte Haus nicht mehr leisten.

1855 war das ehemalige Pastorat gebaut worden. Initiator des Baus war Pfarrer Johann Peter Friedrich Schulte. „Er ließ auch die erste evangelische Schule in Kupferdreh, das damals zur Gemeinde gehörte, und als Höhepunkt 1875 die jetzige evangelische Kirche und 1888 die erste evangelische Schule in Niederwenigern bauen“, weiß Ex-Kirchmeister Helmut Engels. Finanziert wurden die Bauten vor allem vom Bruder des Pfarrers, Carl Schulte. Dem gilt deshalb übrigens auch ein Presbyteriumsbeschluss, nach dem die Gemeinde seine Grabstätte „auf ewige Zeit“ zu pflegen habe.

Ursprünglich war das heutige Gemeindehaus das Wohnhaus des Pfarrers. „Der Herr behüte deinen Eingang und Ausgang“, steht über der Tür geschrieben. Im Flur liegen noch die historischen Fliesen von Villeroy & Boch. Unten, wo sich heute der Saal im alten Teil des Hauses befindet, war das Esszimmer – mit Treppchen in den Pfarrgarten. „Oben waren die Schlafräume“, erklärt Engels. Dort wohnt heute der Küster, unten ist auch das Gemeindebüro untergebracht.

Den Komfort einer Toilette mit Wasserspülung gibt es im Haus erst seit 1939. „Zum Dienstantritt eines neuen Pfarrers wurde das Haus grundlegend modernisiert“, so Engels. Und das beinhaltete neben der Schaffung eines Badezimmers mit Wassertoilette auch die Ausstattung mit einer so genannten Luftheizung. Dazu kam ein erster Anbau in Bruchsteinoptik in dem der Konfirmandenraum Platz fand. Und auch eine Garage wurde gebaut. Die ist inzwischen dem neuen Anbau von 1975 gewichen. In dem gibt es neue Gemeinschaftsräume. Erst im vergangenen Jahr bekamen die einen neuen Boden.

Damals war auch Ludwig Nelles noch optimistisch, dass man den alten Teil des Gemeindehauses würde halten können. Doch der ist stark renovierungsbedürftig. „Wir haben ein ähnliches Problem wie am Dom – die Fugen“, erklärt Nelles. Auch das Dach müsste dringend renoviert werden. Doch das ist – nicht nur aufgrund der Auflagen des Denkmalschutzes – teuer. „Wir rechnen mit knapp einer Million Euro für die Wiederherstellung“, sagt der Pfarrer. Das könne die Gemeinde nicht stemmen, müsse Prioritäten setzen. Die Kirche, der Kindergarten, das Pfarrhaus stehen auf der Liste über dem Gemeindehaus.

„Wir wollen das Haus und das Grundstück dahinter vermarkten“, beschreibt Nelles. Gemeint ist der historische Teil des Hauses. Der neue Anbau bleibt der Gemeinde erhalten. Aber auch hier sind Modernisierungen nötig. „Wir wollen den Erlös aus dem alten Haus für die Renovierung des neuen einsetzen“, erklärt der Pfarrer den Plan. Vor allem die Dämmung muss verbessert werden. „Wir haben noch eine Einfachverglasung, das merken wir an jeder Energierechnung.“

Ganz zweckentfremdet soll aber der Altbau nicht werden. Darauf legt die Gemeinde großen Wert. Entsprechend betont Nelles: „Wir versuchen es in einen Zweck zu überführen, der noch etwas mit Kirche zu tun hat.“ Ein Umbau zu Wohnungen würden also nicht infrage kommen. Überlegungen für eine neue Nutzung gibt es bereits. „Aber noch ist nichts spruchreif“, hält sich der Pfarrer bedeckt.