Hattingen. Die Kreisgruppe Hattingen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland ist längst für alle Menschen geöffnet und vermittelt zwischen verschiedenen Kulturen.

Der Name trügt: Denn die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V. Kreisgruppe Hattingen (Migrantenselbstorganisation im Ennepe-Ruhr-Kreis) ist längst geöffnet für alle Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Menschen aus Deutschland, Syrien, Afrika, Polen, Portugal, und, und, und sind Mitglieder. „Der Austausch ist wichtig. Es soll nicht jeder sein eigenes Süppchen kochen“, sagt die Vorsitzende Alla Weber, die sich seit 20 Jahren im Verein engagiert.

An der Schulstraße 30 sitzt der Verein, gleich nebenan sind gerade Flüchtlinge untergebracht. Es ist kurz vor 10.30 Uhr. Alla Weber holt Unterrichtsmaterialien aus einem Schrank, Geschäftsführer Markus Ackermann schnappt sich ein Plakat mit der Aufschrift Deutschkurs in deutscher, englischer, arabischer, russischer und syrischer Sprache und geht rüber zur Unterkunft, um die Bewohner auf den Kursus nebenan aufmerksam zu machen.

Freitags ist er nur für Frauen. Und die kommen zahlreich. „Ich bin keine Deutschlehrerin, aber wir machen ganz praktische Sachen, wie sich vorstellen, Thema Familie. Die Menschen sind sehr motiviert.“ Alla Webers Credo: Auch wenn die Menschen nur ganz kurz bleiben, kann man ihnen – und es ist auch wichtig, das zu tun – etwas vermitteln. „Wir haben sogar schon im Kurs gesungen und geschunkelt.“

1995 startete der Verein als Initiative, engagierte sich für die Integration von Spätaussiedlern und Migranten. Ein wichtiger Baustein der Vereinsarbeit ist die Sozialberatung: „Heute kommen wieder viele Fragen wie früher: Wo finde ich eine Wohnung? Was muss ich bei welchem Amt erledigen“, erzählt Alla Weber. Integrationslotsen, auch Kulturvermittler genannt, helfen den Ratsuchenden. Briefe erklären, übersetzen, beantworten, Telefonate, Ausfüllen von Formularen, Hilfe beim Suchen nach Praktikums- oder Arbeitsplatz: Vieles ist möglich.

Aktiv ist der Verein im ganzen EN-Kreis, ist Mitglied im Elternnetzwerk NRW und wird u. a. von der Bezirksregierung Arnsberg unterstützt. Die Landsmannschaft Hattingen und das Interkulturelle Zentrum Magnet haben zudem mit Jasmin Kwek eine Frauenbeauftragte, die sich um die Belange von Frauen mit und ohne Migrationshintergrund kümmert.

Viele Kurse und Seminare bietet der Verein an — von Sprachkursen bis zu Computerkursen. Auch eine Tanzgruppe hat sich gebildet. Mit Magnet zusammen gibt es Gesundheitsseminare, Hausaufgabenhilfen, eine Gesangsgruppe, Bewerbungshilfe. Mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stemmt der Verein aufbauende Integrationskurse. Identität und Integration Plus heißt das Programm.

Stolz ist Alla Weber auf die Frauengruppe „Goldene Händchen“, die sich jeden ersten und dritten Sonntag im Monat um 11 Uhr für zwei Stunden trifft. „Die Frauen nähen, stricken, basteln, tauschen Rezepte aus, sprechen über Probleme, Schönes. Die Produkte wurden verkauft. 180 Euro kamen für Flüchtlingskinder zusammen“, sagt sie. Altenheime dekoriert die Gruppe ehrenamtlich. Zweimal pro Woche gibt es Sportangebote für Flüchtlinge. Die Verständigung klappt auf Englisch und mit Händen und Füßen. Aber sie klappt, sagt Alla Weber, die das Ziel des Verein so auf den Punkt bringt: „Wir wollen Angst nehmen, Freude am Leben wecken und besonders bei Frauen Selbstbewusstsein schaffen.“