Hattingen. Paritätischer Wohlfahrtsverband: Frauen sind in praktisch allen Lebenslagen häufiger von Armut betroffen als Männer. Scheidungen, Teilzeitarbeit oder Minijobs sind mögliche Fallen.

„Armut ist weiblich“: Zu diesem Schluss ist der Paritätische Wohlfahrtsverband NRW schon vor 28 Jahren gekommen. Viel geändert hat sich nicht. „Frauen sind in praktisch allen Lebenslagen häufiger von Armut betroffen als Männer“, sagt Mechthild Weickenmeier, Geschäftsführerin des Paritätischen im Ennepe-Ruhr Kreis. Sie rückt das Thema mit einer Broschüre „Armut ist weiblich“ in den Blickpunkt.

Oft kümmerten sich Frauen als Alleinerziehende um die Kinder. Sie arbeiten weniger, werden schlechter bezahlt, haben weniger Rente. „Die momentane Armut“, so die Geschäftsführerin, setzt sich dann im Alter fort.

Grundsicherung für mehr Frauen

Für Beigeordnete Beate Schiffer ist Armut oft weiblich und alt. Was die Dezernentin für Soziales an der Zahl der Grundsicherungen abliest. Damit wird der Lebensunterhalt derjenigen gesichert, die nicht mehr arbeiten. In Hattingen sind mehr Frauen als Männer darauf angewiesen. Im Vorjahr erhielten 578 Personen Grundsicherung – 235 Männer und 343 Frauen. In diesem Jahr liegt die Zahl bei 615 Personen – zehn Männer mehr (245) als noch 2014. Der Anteil der Frauen stieg stärker: um 27 auf 370. Möglicherweise lasse sich auch bei Jüngeren Armut ablesen, so die Dezernentin der Stadt, beispielsweise anhand von Kitabeiträgen und unteren Einkommen von 20 000 Euro. Das kann die Stadt aber nicht mit Zahlen belegen. Es wurde statistisch nicht ausgewertet.

Statistisch erfasst ist die Zahl armer Menschen im EN-Kreis. Seit 2007 hält die Verwaltung die Armutsquote fest. Vor drei Jahren lag sie mit 9,4 Prozent unter dem Landesdurchschnitt. In Hattingen wurden 2012 5508 Menschen in Mindestsicherung erfasst. In den letzten acht Jahren stieg der Anteil der Menschen, die von staatlichen Hilfen leben, kreisweit von 8,9 auf 9,4 Prozent, in Hattingen kletterte er auf zehn Prozent.

Bessere Bildungsabschlüsse junger Frauen oder Elternurlaub seien zwar Meilensteine auf dem Weg zur Gleichstellung, so Mechthild Weickenmeier. „Sie gaukeln aber eine heile Welt vor, die es für viele Frauen nicht gibt.“ Ein krasses Beispiel seien Scheidungen. Während sich Männer davon rasch erholten, „ist eine Scheidung für Frauen oft eine echte Armutsfalle“.

Eine weitere sind Teilzeitarbeit und Minijobs. Die Agentur für Arbeit stellt fest, „dass es immer noch Frauendomänen sind“, so Regine Bleckmann, Beauftragte der Agentur für Arbeit Hagen für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt. Mehr als vier von fünf Frauen gehen einer Teilzeitbeschäftigung nach. Unter den arbeitslosen Frauen waren 2014 Berufsrückkehrerinnen und Alleinerziehende mit 97,2 und 91,9 Prozent am stärksten vertreten.