Hattingen. . In einem Kurs der Volkshochschule erklärt ein Zweiradmechaniker, wie man mit Haarspray, Spülmittel und Spritze kleine Schäden am Drahtesel schnell beseitigt.

Da hängt das Rad am Haken, und Thomas Mokry redet vom Handarbeiten: „Am Fahrrad zu basteln, ist wie Stricken und Häkeln“, behauptet er und sticht mit dem Schraubenzieher ein Loch in die Luft. „Wenn man’s noch nie gemacht hat, wird’s nicht schön.“ Nun kommt es auf Schönheit vielleicht nicht an, aber fahren sollte ein Fahrrad, im Frühling zumal – deshalb sind die Leute hier: beim Schrauberkurs der Volkshochschule. „Gucken“, erklärt jemand, „ob man sich was abgucken kann.“

Das kann man sicher beim Zweiradmechaniker Mokry bei „Hecken“ in Hattingen. Der macht das schon länger und beschönigt nichts: Wie man zum Beispiel ein Hinterrad alter Schule ausbaut mit Schaltung und allem, „das will ich Ihnen gar nicht zeigen. Das kriegen Sie nie wieder zusammen, das ist der Horror und selbst für einen Mechaniker fürchterlich.“ Schade eigentlich. Aber mit gar so uralten Schätzchen sind die Schüler nicht angereist. Besser so, denn ein alter Drahtesel ist laut Mokry „wie eine alte Hüfte: Läuft nicht mehr.“

Wenn die Felgenbremse quietscht: "Felge saubermachen"

Auch interessant

Nun sieht der Mann aber aus, als kriegte er auch das wieder hin. So einfach! „Eine schleifende Bremse ist nichts Gravierendes“, sagt er so dahin, als sei das nichts Gravierendes, und stellt sie mal eben ein. Und wenn sie gar quietscht: „Felge saubermachen.“ Mit Spülmittel! Aber Mokry befestigt auch rutschende Handgriffe mit Haarspray. Und füllt Öl mit einer Spritze in die beweglichen Teile. „Keine Hexerei, aber ist halt ein Handwerk.“

Trotzdem hat auch er nicht auf alle Fragen eine Antwort. „Kann ich meine Kette selbst kürzen?“, will eine Frau wissen. „Weiß ich doch nicht“, sagt Thomas Mokry, aber natürlich war das ein Scherz. Andere Fragen klärt er gleich am herbeigeschobenen Objekt. „Ihr Sattel ist viel zu weit hinten. Wollen Sie das?“ Ähem, die Besitzerin ist gelinde erstaunt. „Der wurde einfach noch nie verstellt.“ Was tun gegen Knack- und Knarzgeräusche? Total nervig, aber meist nur: „Fehlendes Fett.“

Neun Nasen über einem Hinterrad

Neun Nasen beugen sich über ein Hinterrad, als der Experte vormacht, wie man Speichenspannung testet („pärchenweise“). Neun Augenpaare weiten sich, als er lapidar erwähnt, dass heute kaum einer mehr flickt. Neuer Schlauch rein, fertig. Was sogar unterwegs geht: Der moderne Schlauch schließt nicht mehr mit sich selbst ab, er hat zwei Enden wie die Wurst und lässt sich in den Mantel schieben, ohne das Rad auszubauen. „Für den normalen Radfahrer ist das Wichtigste, dass er keinen Platten hat.“

Das dürfte Sascha Geifes trösten – oder noch mehr verwirren. Der ist eigentlich da, weil er neulich „völlig hilflos“ vor einem Regal stand: lauter Fahrradschläuche! Und dann die Angst, „ich dieses Rad ausbauen? Niemals!“ Und nun muss er gar nicht, der VHS sei Dank. Sogar um den Luftdruck braucht er sich nicht zu sorgen. „Was wollen Sie? Schneller fahren als ihr Kumpel?“, fragt Mokry. „Dann machen Sie den Reifen voll. Ist nur unangenehmer.“

Die Angst des Radlers vor dem Sclaverand-Ventil

Und so plaudern sie zwischen neuen, glänzenden Stahlrössern über die staubigen alten. Über die Schätzchen unter ihnen. Über rostende Schrauben, Schnellspanner und Reiniger, die der Kette neben dem Dreck auch das Fett entziehen. Über Olivenöl in der Bremse, Rohrzangen und die Angst des Radfahrers vor dem französischen Ventil. Sie drehen die hängenden Räder, dass der Lehm aus dem Profil fliegt, und prüfen Letzteres mit kritischem Blick: abgefahren!

Das ist der Kurs auch, irgendwie. Jedenfalls haben die, die „überhaupt keine Ahnung“ hatten, wirklich was gelernt. Und sei es nur die Lebensweisheit des Zweiradmechanikers, der in diesem Fall Thomas Mokry heißt: „Manches ist leider nicht zu erklären. Man muss es rausfummeln.“

Fahrrad-Reparaturkurse bieten viele Volkshochschulen an, vor allem im Frühjahr.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) ist häufig Kooperationspartner, unterhält aber auch Selbsthilfe-Werkstätten (), wo jeder unter Anleitung basteln kann.