Hattingen. Sophie Kriner ist eine von nur zwei echten Hattingern, die im Jahr 2014 auf die Welt kamen. Ihre Mutter Anna Kriner wünscht sich, dass sich mehr Frauen für eine Hausgeburt entscheiden würden.
Echte Hattinger werden immer seltener, seit das Evangelische Krankenhaus Ende 2007 seine Geburtsstation geschlossen hat; gerade einmal zwei Babys wurden im Vorjahr tatsächlich in Hattingen geboren. Eines davon ist Sophie Kriner, die am 19. Oktober 2014 in einer Wohnung an der Bahnhofstraße das Licht der Welt erblickte – ganz so, wie es sich ihre Mutter gewünscht hatte.
Anna Kriner heißt Sophies Mama, sie ist 37 Jahre alt, von Beruf Ärztin. Lächelnd blickt sie an diesem Morgen im März ihrer inzwischen viereinhalb Monate alten Tochter entgegen, die gerade vom Babyschwimmkursus mit dem Papa kommt; die Kleine, die inzwischen schon zugreifen und sich wenden kann, lächelt zurück, zeigt ihre vor wenigen Tagen durchgebrochenen ersten zwei Zähne. Ein kleiner Sonnenschein, die echte Hattingerin, über deren Weg ins Leben Mutter Anna Kriner spürbar noch heute froh ist. „Ich wollte unbedingt eine schöne Geburt haben“, sagt sie. „Und genau die habe ich gehabt.“
Blaue Stoffplanen vor dem Fenster
Zu Hause, im von blauen Stoffplanen vor dem Fenster abgedunkelten heimischen Wohnzimmer, in einer blaufarbenen Gebär-Badewanne, die Anna Kriner und ihr Lebensgefährte Martin Glockner (36) im Internet geordert hatten, brachte die 37-Jährige am Morgen des 19. Oktober ihre zweite Tochter Sophie zur Welt. Nur ihre Hebamme Heike Paunova von der Bochumer Hebammenpraxis Isis, eine ihr vertraute Hebammenschülerin und ihr Partner waren dabei. „Es war zauberhaft.“
Auch in Martin Glockner wirkt die Hausgeburt der Tochter bis heute nach. Sie sei „der bislang größte und schönste Moment in meinem Leben“ gewesen, sagt er. Und: „Ich hatte großes Vertrauen in unsere Hebamme.“ Dass am Ende auch wirklich alles gut gehen werde . . .
Die Angst, im Falle möglicher Komplikationen nicht rechtzeitig genug medizinische Hilfe erhalten zu können, ist dabei eine Haupterwägung, wegen der eine Hausgeburt für viele Eltern nicht in Betracht kommt, warum diese Geburtsform bei manchen bis heute als unvernünftig gilt. So wurden deutschlandweit im Jahre 2012 – geplant und ungeplant – gerade einmal 1,5 Prozent aller Kinder außerhalb einer Klinik geboren. Dabei, betont Anna Kriner, sei eine Hausgeburt doch noch bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts auch hierzulande „die vorherrschende Geburtsform“ gewesen.
Auch die 37-Jährige allerdings hatte zunächst vor, Sophie im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke zu entbinden; dort hatte sie vor einigen Jahren schon ihre Tochter Helena (8) geboren. Doch auch wenn sie sagt, medizinisch sei sie damals bestens betreut worden: Als gute Geburt empfand sie ihre erste Niederkunft inmitten von Technik und ihr nicht vertrauten Menschen nicht. „Entscheidend dafür, dass eine Entbindung überhaupt erst gelingen kann, ist, dass man diese selbstbestimmt. Und seine Eigenverantwortung für die Geburt nicht etwa an der Krankenhaus-Pforte abgibt.“ Und nicht zuletzt hatte Anna Kriner Angst vor einer PDA und folgenden Geburtskomplikationen.
Am Ereignis gewachsen
Eine Freundin empfahl ihr einen US-Film über Hausgeburten, sie las mehrere Bücher zum Thema – darunter Michel Odents „Geburt und Stillen“ sowie ein Werk über „Die letzten Landhebammen“. Und sie wurde sich zunehmend klarer darüber, dass sie Sophie zu Hause gebären wollte – mit Hilfe von Heike Paunova, die sie auch im Kreißsaal unterstützt hätte. „Die Entscheidung für eine Hausgeburt war genau die richtige für mich“, sagt Anna Kriner. Und sie betont: „Ich bin an diesem Ereignis gewachsen.“