Hattingen. . Großübung der Feuerwehr in Niederwenigern. 30 Verletztendarsteller wurden zum Teil vom Dach gerettet. Der Einsatz war nach anderthalb Stunden beendet.
Es ist kurz nach 17 Uhr am Mittwoch. Auf Station 6 in der dritten Etage des St.-Elisabeth-Krankenhauses in Niederwenigern kniet eine Gestalt. Ein leises Zischen, dann rollt eine weiße Nebelwalze durch den Flur, verschluckt den Mann, hüllt die Sitzgruppe ein. Von Türen und Bildern an den Wänden ist nichts mehr zu sehen – Probelauf für die bevorstehende Großübung der Hattinger Feuerwehr.
Die Station ist präpariert. Die Patienten sind vorübergehend woanders untergebracht. Sie werden ersetzt durch Verletztendarsteller. 17.25 Uhr: Gerd Simon-Bourrée von der Feuerwehr, der die Übung sechs Wochen lang vorbereitet hat, stürmt vorbei: „Ich muss meine Opfer einweisen.“ 30 „Opfer“ gibt es, 20 auf der Station, zehn werden vom Flachdach des Krankenhauses gerettet werden. Auf ihren Einsatz warten Freiwillige des Technischen Hilfwerks (THW), der Feuerwehr-Ehrenabteilung und des Deutschen Rotes Kreuzes aus Witten.
Der Feuerwehrmann verteilt die Rollen. Nach Schlaganfall bettlägerig, rechte Seite gelähmt. Eingeschränkte Sehfähigkeit, will sich nicht retten lassen. Schwerhörig, Diabetiker mit Sensibilitätsstörungen in den Füßen: „Da geht es nur im Tappelgang vorwärts. Wenn nach einer Viertelstunde niemand nach dem Insulin gefragt hat, können Sie ruhig etwas eintrüben“, weist Simon-Bourrée ein. So geht es weiter.
17.50 Uhr: Der Notruf wird abgesetzt – Brandmeldealarm. Nach sieben Minuten fährt der erste Feuerwehrwagen vor, eine Minute später folgt der zweite, dann weitere. „Helft uns“, gellen die Schreie von Dach.
Nichts passiert
Für zwei endlos scheinende Minuten passiert nichts. Kein Einsatztrupp stürmt ins Haus, um die Verletzten über die Schulter gelegt ins Freie zu bringen. Die Realität ist kein Hollywoodfilm. Dann beginnen die Feuerwehrmänner den Wasserschlauch auszurollen. Die Drehleiter wird vor dem Gebäude positioniert. Der Einsatzleiter weist die Abschnittsführer ein. Oberste Priorität: Menschenrettung.
Unter Atemschutz rücken die Einsatzkräfte in die dritte Etage vor. Und treffen auf den schwergewichtigen bettlägerigen Patienten, der eine Atemmaske bekommt. Zwischen dem Knacken der Funkgeräte ruft ein Retter: „Wir kriegen ihn so nicht die Treppe runter.“ Der Patient liegt auf dem Boden, halb in der Tür zum Treppenhaus. Zimperlich gehen die fünf Feuerwehrmänner nicht mit ihm um, als sie ihn auf die Matratze hieven und darauf die Treppe hinunterziehen. Mit einer Engelsgeduld wird die Patientin versorgt, die nur Trippelschritte macht. Auch sie trägt eine Atemmaske. „Beruhigen Sie sich. Atmen Sie tief durch. Schön langsam“, redet ihr Retter auf sie ein, während er ihr quälend langsam die Treppe hinunter hilft.
Drehleiter und Zelt
Draußen musste die Drehleiter umgestellt werden. Hinter dem Gebäude ist der Untergrund stabiler. Um 18.35 Uhr sind die THW-ler vom Dach gerettet. Im Scheinwerferlicht wird ein Zelt für die Verletzten aufgebaut. „Die Gehfähigen kommen in die Kapelle“, weist der Einsatzleiter an. „Macht nicht so schnell, ich bin blind“, schreit einer der Verletztendarsteller. Währenddessen wird eine weitere Patientin auf der Trage durchs Treppenhaus bugsiert. Es ist 19.08 Uhr: Von Station 6 werden die Letzten gerettet.
Zeitgleich bereitet sich der Löschtrupp vor. Am Eingang der Klinik liegen Kabelbinder – damit werden die Hebel an den Schläuchen gesichert. „Damit wir nicht versehentlich alles unter Wasser setzen.“ Um 19.18 Uhr krächzen rundum die Funkgeräte: „Übung offiziell beendet.“