Hattingen. Barbara Stöcker geht die Geschenkeschlacht auf die Nerven. Heiligabend verbringt sie vormittags im Reformhaus, abends mit Kindern bei den Eltern.
Barbara Stöcker muss nicht lange überlegen, was sie an Heiligabend macht. Als Selbstständige hat die Reformhausbetreiberin „am Vormittag geöffnet“. Ihre Mitarbeiterinnen haben frei, damit sie letzte Einkäufe tätigen und Vorbereitungen für den Abend treffen können. Sie selbst bedient Kunden, die noch etwas brauchen. Adventskalender wie auf dem Foto oben sind dann wohl endgültig Geschichte. Abends geht es mit Sohn und Tochter zu den Eltern nach Essen, die auch mit über 80 Jahren noch Tochter und Enkel bewirten.
Dadurch hält sich, zumindest an diesem Tag, der Stress in Grenzen. „Da ich schon sehr lange selbstständig bin, ist die Zeit vor Weihnachten Hauptarbeitszeit für mich. Für Ruhe und Besinnlichkeit bleibt da natürlich nicht viel Zeit“, sagt die 56-Jährige, die am 18. Dezember Geburtstag hat. Als die Kinder, inzwischen 21 und 26 Jahre, noch klein waren, gab es Adventskalender und Nikolausstiefel, die 26-jährige Tochter, mit der sie inzwischen zusammenwohnt, „hat das sehr lange eingefordert“. Sie sammle besondere Adventskalender, nur mit Bildern, ohne Schokolade, und würde sich manchmal mehr Muße für besinnliche Stunden wünschen.
Die nimmt sich auch Barbara Stöcker, wenn auch nicht sehr oft, etwa an den Adventssonntagen. Dann wird gemütlich gefrühstückt. „Ich liebe Kerzen und Düfte“, sagt die Hattingerin. Damit zaubert sie dann die entsprechende Stimmung, gießt Tee auf und macht es sich mit einem Buch gemütlich. Nicht zu gemütlich. Denn ein Adventssonntag ist noch verkaufsoffen und erfordert ihren geschäftlichen Einsatz. Und im Januar steht die Inventur an. Nicht zu vergessen, dass Barbara Stöcker gerade umgezogen ist. An der Tür hängt zwar ein Kranz, aber die Wohnungseinrichtung ist noch nicht komplett, Kisten sind noch nicht alle ausgepackt. Der Vormieter muss noch einiges abholen. Und einiges aus der Wohnung ist inzwischen wieder im Laden gelandet zum Verkauf: Ketten aus unterschiedlichen Steinen.
„Die Adventszeit hat einen besonderen Zauber“, schwärmt die Hattingerin. „Ich finde sie sehr schön und wichtig, um innezuhalten.“ Sie bedauert, dafür nicht genug Zeit zu haben. „An Heiligabend gehen wir oft in die Christmette“, erzählt sie, „singen Lieder, lesen Geschichten vor. Den Hype um Geschenke an Heiligabend finde ich schade. Dass jeder den Zwang verspürt, irgendetwas zu kaufen.“ Das hat sie in ihrer Familie abgeschafft. Sinnvoller sei es, gemeinsam Zeit zu verbringen und Zuwendung zu verschenken. Wie nötig das ist, sieht sie bei manchen alten Menschen, die sie beliefert. „Heiligabend werden sie abgeholt, aber der Rest des Jahres ist lang.“