Unterhalb der Eisenbahnbrücke soll ein erster Abschnitt umgebaut werden. Aus Buhnen würden dann Inseln. Bezirksregierung gibt Sportlern, Spaziergängern und Anwohnern Entwarnung.
„Warum gerade bei uns“, fragten sich die Hattinger als ihnen die Maßnahmen zur Umgestaltung der Ruhr von den Planern der Bezirksregierung Düsseldorf vorgestellt wurden. Sie erfuhren: Hattingen ist eines von zehn Projekten, die im Planungsgebiet „Untere Ruhr“ – zwischen der Mündung in den Rhein und Hagen – angegangen werden sollen. Ziel ist es, durch diese zehn so genannten Trittsteine die Wasserqualität und Lebensräume der Ruhr im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie der EU zu verbessern und die Durchwanderbarkeit wiederherzustellen.
Warum nun ausgerechnet am Ruhrbogen? „Weil es hier notwendig, sinnvoll, machbar und finanzierbar ist“, fasst Detlef Reinders von der Bezirksregierung zusammen. Und Planer Dr. Uwe Koenzen führt aus: Hunderte Kilometer Flussverlauf seien geprüft worden. Und bis zum Hattinger Schwall gebe es einen der letzten frei fließenden Abschnitte der Ruhr. „Mit dem wenigsten Aufwand können wir hier am meisten erreichen.“
Begonnen werden könnte mit einem Pilot-Abschnitt unterhalb der Eisenbahnbrücke. Hier sollen die Buhnen teilweise erhalten bleiben und teilweise „hinterfahren“ werden. Heißt: Die Buhnenköpfe bleiben. Um sie werden Inseln aus dem abgetragenen Material geformt. Koenzen betont: „Der Leinpfad bleibt erhalten.“ Auf der linken Fluss-Seite ändert sich nichts. Durch das Aufbrechen der Buhnen auf der rechten Seite würde allerdings der Hochwasserschutz unterhalb der Ruhrbrücke deutlich verbessert.
Auch für Wassersportler gibt der Planer Entwarnung: „Der Schwall bleibt unverändert erhalten, Kanuten, Flöße und so weiter können weiter die Ruhr befahren.“ Und auch Angler sollen weiterhin in der Ruhr ihrem Sport nachgehen können. Es könne höchstens Abschnitt geben, in denen das Fliegenfischen danach besser geeignet wäre als das Ansitzangeln, räumt er ein.
Die Bürger zweifeln daran, dass das Pilot-Projekt zeigen kann, wie die Natur auf die Maßnahme reagiert. „Die Natur braucht zwanzig Jahre, um sich anzupassen“, bemerkte Oliver Wähnert. Nach nur einem Jahr mit Hochwasser seien die ersten Ergebnisse der Maßnahme sichtbar, versicherte Uwe Koenzen und führte aus: „Im schlechtesten Fall wird die Qualität des Lebensraum bleiben wie sie ist.“
Die Sorge, die Uferbefestigung unterhalb der Königsteiner Straße könnte leiden, wies Koenzen zurück. „In den Längsbauwerken bleibt sie erhalten.“ Und auch der Riesenbärenklau bleibe für die Heckrinder erreichbar: „Die Flutrinnen und die entstehenden Inseln sind durch die Rinder begehbar.“
Die Bedenken der Anwohner, dass LKWs durch das Wohngebiet rollen könnten, versuchte Uwe Koenzen zu zerstreuen: „Es gibt in der Ruhr Übertiefen bis 4,50 Meter.“ Dort soll das an der einen Stelle herausgebaggerte Material eingefüllt werden. Es soll so gut wie keine Abfahrten mit LKWs geben. Gebaut werden kann – weil Brutzeiten beachtet werden müssen – nur wenige Monate jeweils im Winter.
Finanziert wird das Projekt übrigens zu 100 Prozent durch das Wasserentnahme-Entgelt-Gesetz, das eine zweckgebundene Abgabe für Wassernutzer vorsieht. „Etwa 80 Millionen Euro kommen dadurch pro Jahr zusammen“, sagt Detlef Reinders. Auf vier bis sieben Millionen Euro hatte William Wolfgramm von der Bezirksregierung das Projekt Winzer Bogen Anfang des Jahres vorsichtig geschätzt. Das – wie auch die Bauzeit – entscheide sich aber erst, wenn feststeht, welche Maßnahmen umsetzbar sind.
Bis zum Jahr 2027 soll die Wasserrahmenrichtlinie umgesetzt sein. Die Frage der Hattinger, was passiert, wenn nichts gemacht wird, könnte ein Fall für den Europäische Gerichtshof sein, vermutet Koenzen.