Im Jahr 1967 wurde der große Zubringer feierlich eröffnet. Als Verbindung zwischen der City und Rentfort, und als Zeichen aus Beton für die Verständigung der Völker.
Es gab sie, lang bevor die „Violetten” die Spiritualität in der Politik verankern wollten. Als sie gebaut wurde, spielte noch niemand Spielchen am Computer, machte noch keine Piraten-Partei die Entscheidungsfreiheit dieser Spieler zum Thema einer Europawahl. Aber: Schon vor 40 Jahren trug die so getaufte Europa-Brücke den europäischen Gedanken in die Stadt, lange bevor es das Parlament in Brüssel überhaupt gab, bevor dort verabschiedete Gesetze und Bestimmungen den Alltag der Europäer regelten.
Und doch, sagt Schuldezernent und Historiker Rainer Weichelt rückblickend, kam der Namensgebung damals eine hohe politische Bedeutung zu, „die schon fast etwas Revolutionäres hatte”.
Sie ist die Verkehrsader zwischen der Innenstadt und Rentfort, Schultendorf und Kirchhellen. Wer in die City oder auf die B 224 will ohne Umwege, der fährt über sie. Gebaut in den 60er Jahren, als auch das beschauliche Gladbeck noch den Traum träumte, einmal zur Großstadt zu avancieren. 120 000 Einwohner strebte man damals an. Allein in Rentfort-Nord entstand ab 1964 ein Baugebiet für über 10 000 Menschen. Parallel kam dem Individualverkehr eine immer größere Bedeutung zu. Das eigene Auto, es gehörte auf einmal einfach dazu.
Die bisherige Tunnel-Lösung unter den Eisenbahngleisen, die bis dahin für den Verkehr zur Verfügung stand, war schlicht zu klein, zu eng geworden. Also plante man stattdessen in die Höhe: 1967 wurde die Europa-Brücke offiziell und äußerst feierlich eingeweiht.
„Auch der Name war ganz bewusst gewählt und von hoher politischer Bedeutung”, so Weichelt. Ist die Europa-Brücke doch ein Sinnbild aus Beton für die Versöhnung der Völker, gebaut 20 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Den neuen Straßen in Rentfort-Nord gab man zudem ganz bewusst die Namen der Partnerstädte Gladbecks. So entstand die Enfieldstraße, die Marcq-en-Baoreul-Straße . . . „Ein deutliches Zeichen der Aussöhnung mit England und Frankreich”, sagt Rainer Weichelt.
Ein Zeichen der Versöhnung, der Verständigung war dann auch die feierliche Einweihung der Brücke im Oktober 1967: Bevor der Verkehr anrollte, unternahm nämlich Gladbecks damaliger Oberbürgermeister Günter Kalinowski einen medienwirksamen Spaziergang über das neue Bauwerk. An seiner Seite: der Bürgermeister der französischen Partnerstadt Marcq-en-Baroeul. Ein Schornsteinfeger ging auch noch mit – als schwarzer Glücksbringer sozusagen.
Die Glücks-Idee, sie ist wohl aufgegangen. Die Freundschaften mit den Partnerstädten, sie wachsen und gedeihen nach wie vor. Und auch das Bauwerk selbst bereitete nie große Probleme. Erst seit einigen Monaten ist wirklich deutlich, dass der Zahn der Zeit auch an der Europabrücke nagt. Eine Fahrbahn stadtauswärts ist schon seit Monaten gesperrt. Ende des Jahres stehen umfangreiche Sanierungsarbeiten an dem Brückenbau-Werk an. Geschätzte Kosten: satte 6 Millionen Euro.
Man kann wohl sagen, die Europa-Brücke ist in die Jahre gekommen. Aber sie schlägt sich tapfer und sie hat, sind die Sanierungsarbeiten abgeschlossen, durchaus eine Zukunft. Auch in Zeiten der violetten Spiritualität und der neuen politischen Computer-Piraten.