Gladbeck. „Es gibt heute keine Familie, die nicht in irgendeiner Weise von Demenz betroffen ist“ – mit diesem Satz machte Neurologe und Chefarzt Dr. Heinz-Dieter Oelmann beim 5. Demenzforum auf die Entwicklung von Alzheimer in der Gesellschaft aufmerksam.
. Der Runde Tisch Demenz hatte zum 5. Mal zum Forum ins Fritz-Lange-Haus eingeladen. Das Thema lautete diesmal: „Leben mit Demenz – Umgang mit Angst und Aggressionen“.
Angst und Aggressionen – wohl jeder Betroffene weiß nur zu gut, wie sehr diese Gefühle zur Demenz gehören. Doch wer gibt schon gerne zu, davon betroffen zu sein? Wenn beispielsweise der demenzkranke Vater handgreiflich wird oder man selbst sich nicht mehr zurückhalten kann? Von Demenz ist nie nur der Patient betroffen, sondern auch die Angehörigen.
Freisprechen von Angst und Aggressionen konnte sich auch Sabine Prittwitz nicht. 17 Jahre lang begleitete und pflegte sie ihren demenzkranken Vater und blickte in ihrem Vortrag auf eine schwierige Zeit zurück. Ein Kampf war es: ein Kampf gegen die Krankheit, gegen die eigene Wut und gegen die Mutter. „So wütend und verzweifelt habe ich mich ansonsten in meinem ganzen Leben nicht gefühlt“, ließ die Betroffene tief blicken. „Durch die Demenz wurde alles anders.“ Dass Gefühle der Wut aufkämen, sei allzu verständlich.
„Misshandeln – so etwas darf nicht passieren, aber diese Gefühle sind absolut nachvollziehbar“, erklärte Prittwitz, die offen zugab: „Mutter und Vater waren gleichermaßen Patienten.“ Dabei war die Mutter nicht krank im eigentlichen Sinne, vielmehr war es die Sturheit, die Prittwitz „bekämpfen“ musste: Angefangen von dem Eingeständnis, dass der Vater oder Ehemann krank sei, bis hin zum lauten Nachdenken über die Verlegung des Patienten in eine Einrichtung. „Wie das Leben mit Demenz wirklich ist, fand ich in keinem Buch. So weit, wie es in meiner Familie gekommen ist, darf es nicht kommen.“
Die Gäste auf dem Podium griffen genau das auf – wissen, wann Schluss ist, wissen, wann die Belastungsgrenze erreicht ist. Gabriele Brosker (AWO), Gabriele Holtkamp-Buchholz (Caritas), Sabine Prittwitz (SHG Angehörige Alzheimerkranke) und Mechtild Eckoldt (Leiterin Eduard-Michelis-Haus) nahmen gemeinsam mit Dr. Oelmann ganz individuelle Ängste und Fragen auf: „Es liegt nicht an Ihnen. So verrückt können Sie gar nicht sein, diese Krankheit zu verstehen“, erklärt der Neurologe. Es waren vor allem gut gemeinte Warnungen, die ausgesprochen wurden: „Angst der Angehörigen ist für uns ein wichtiges Zeichen, dass etwas nicht in Ordnung ist und dass sich etwas ändern muss. Dafür sind wir da“, so Holtkamp-Buchholz.