Gladbeck. Gesamtschüler unterstützten als Messpaten die Verkehrspolizei bei der Tempoüberwachung an der Enfield- und Berliner Straße. Zuvor gebastelte Papier-Engel wurden an langsame Fahrer verteilt. Wer zu schnell fuhr, erhielt eine gelbe Papier-Zitrone mit Erklärung: „Weil Sie uns sauer gemacht haben“

Dass Vorurteile häufig von der Realität wiederlegt werden, bewies Carsten Zirwes, der zum bundesweiten Blitz-Marathon am Donnerstagmorgen ins Visier der Radarpistole geriet. Denn der 25-Jährige war zwar im schnittig tiefergelegten und mit Verbreiterungen und dicken Schluppen aufgemotzten Sportwagen unterwegs, fuhr auf der Enfieldstraße aber nicht schneller, als das hier erlaubte Tempo 30. Gestoppt wurde er von der Polizei aber trotzdem – um kein Knöllchen, sondern dickes Lob zu ernten. Denn die Profis vom Verkehrkommissariat hatten dieses Mal besondere Verstärkung zur Seite: Schülerinnen und Schüler der sechsten Klasse der nahen Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule.

Die Mädchen und Jungen im Alter von elf bis 12 Jahren waren zuvor im Unterricht auf ihre Aufgabe als Messpaten der Verkehrspolizei vorbereitet worden. Ihre Ansprache der herausgewunkenen Autofahrer sollte dazu beitragen, der nicht mehr neuen Blitz-Marathon-Aktion neue Aufmerksamkeit zu verleihen. „Wir finden das total gut, dass Sie hier schön langsam gefahren sind“, lobte Ali (11) so den Sportflitzerfahrer und überreichte einen der zuvor gebastelten PapierEngel. „Den können Sie an den Rückspiegel hängen, damit sie immer daran denken.“

Nazar und Lea (beide 11) durften mal ausprobieren, dass es gar nicht so leicht ist, Autofahrer mit dem Laserstrahl der Messpistole zu erfassen.
Nazar und Lea (beide 11) durften mal ausprobieren, dass es gar nicht so leicht ist, Autofahrer mit dem Laserstrahl der Messpistole zu erfassen. © WAZ FotoPool

Das tat Carsten Zirwes dann auch sofort, der die Aktion lobte: „Eine gute Idee, dass sich die Kinder einbringen. Das erinnert einen noch mal deutlich daran, an die schwächsten Verkehrsteilnehmer und die schlimmen Folgen eines Unfalls zu denken.“

Genau letzteres war Thema von Klaus Parma von der Verkehrswacht. Der pensionierte Polizist verteilte seinerseits runde Messscheiben, mit denen sich ablesen ließ, wie lang der Anhalteweg bei welcher Geschwindigkeit im Fall einer Notbremsung ist – und welche Aufprallgeschwindigkeit herrscht, sollte man nicht rechtzeitig zum Stehen kommt.

Klaus Parma von der Verkehrswacht verteilte Messscheiben, mit denen Anhalteweg und mögliche Aufprallgeschwindigkeit selbst ermittelt werden können.
Klaus Parma von der Verkehrswacht verteilte Messscheiben, mit denen Anhalteweg und mögliche Aufprallgeschwindigkeit selbst ermittelt werden können. © WAZ FotoPool

Innerhalb von einer Stunde mussten sechs Fahrerinnen und Fahrer mit Geschwindigkeiten von mehr als 40 bis fast 50 km/h belehrt werden, „dass die überhöhte Geschwindigkeit bis zu einer Verdopplung der Länge des Bremsweges, und bei möglicher Aufprallgeschwindigkeit von 35 bis 50 km/h bis zu tödlichen Verletzungen führen kann“.

Alle Temposünder erhielten neben ihrem Knöllchen eine gebastelte Papier-Zitrone, „weil Sie zu schnell gefahren sind und uns sauer machen“, erklärte Buschrah. Was die 12-Jährige wunderte, „von denen hat keiner den Fehler eingesehen, die haben lieber patzige Antworten und Ausreden gegeben“.