Gladbeck. Feierliche Zeremonie am Montagabend im Stadtwald Wittringen: Bürgermeister Roland weihte im Beisein von rund 100 Gästen eine Gedenktafel zur „mahnenden Erinnerung“ an die Bücherverbrennung von 1933 ein. Anlass der Veranstaltung war der 75. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges.
Das Umfeld des Ehrenmals in Wittringen entwickelt sich immer mehr zu einem Gedenk-Ensemble: Gestern, am 75. Jahrestag des Ausbruchs des 2. Weltkriegs, weihte Bürgermeister Ulrich Roland einen weiteren Ort der mahnenden Erinnerung ein – eine Gedenktafel zur Bücherverbrennung in Gladbeck am 1. Juli 1933. Damit bekenne sich Gladbeck zu einem weiteren der „düstersten Momente“ der Stadtgeschichte, so der Bürgermeister.
„Vernichtet wurde damals nicht nur bedrucktes Papier. Nein, auch Gedanken, Überzeugungen und menschliche Existenzen wurden zerstört“, sagte Roland vor knapp hundert Gästen. „Hier ist mit der Tafel ein neuer wichtiger Ort des Gedenkens entstanden.“
Entwickelt wurde sie innerhalb der Reihe „Historische Orte in Gladbeck“ unter Leitung von Stadtarchivarin Katrin Bürgel. Angeregt hatte sie Heimatforscher Manfred Samen im vergangenen Jahr anlässlich der 80. Wiederkehr der Gladbecker Bücherverbrennung.
Die neue Tafel steht in Nähe zum Ehrenmal, unmittelbar an der Wiese, auf der die Gladbecker Bücherverbrennung am Vorabend des „Festes der deutschen Schule“ (2. Juli) stattfand. Initiiert wurde sie damals von Lehrkräften des Jungengymnasiums (heute Ratsgymnasium), die im „Verein des Auslandsdeutschtums“ organisiert waren. Auftakt der Bücherverbrennung war laut Archivarin Bürgel eine Kundgebung auf dem Marktplatz, von dem sich ein Fackelzug Richtung Wittringen formierte, an dem eine große Zahl Gladbecker teilnahm, darunter auch Stadtbedienstete. Viele andere hatten sich bereits auf der Freifläche am Ehrenmal eingefunden. Proteste gab es nicht , so Bürgel. „Bei den meisten Gladbeckern herrschte Gleichgültigkeit vor.“
So wurde in das Feuer zur Sonnenwendfeier eine große Anzahl Bücher „undeutsches Schrifttums“ geworfen, das laut Bürgel zuvor die Hitler-Jugend gesammelt hatte, darunter Werke von Autoren wie Heine, Marx, Mann, Kästner oder Freud. Die Bücher stammten aus konfessionellen Büchereien und gewerkschaftlichen Archiven (eine Stadtbücherei gab es noch nicht, sie wurde erst Ende der 30er Jahre gebaut), aus Buchhandlungen und privaten Haushalten. Ein Foto der Bücherverbrennung gibt es – trotz intensiver Suche von Heimatforscher Samen – offenbar nicht.
Während der Feierstunde am Ehrenmal lasen Laura Diekmann und Franziska Wilfinger, Schülerinnen des Ratsgymnasiums, gemeinsam mit ihrer Lehrerin Maria Hoffrogge aus Werken verfolgter Autoren. Reinald Noisten umrahmte die Veranstaltung mit außergewöhnlichen, improvisierten Tönen aus Klarinette und Saxofon musikalisch.
Gedenkstunde auf dem Braucker Friedhof zur Erinnerung an Zwangsarbeiter
An ganz vergessene Seelen des Krieges erinnerte die SPD Rosenhügel anlässich des Kriegsbeginns vor 75 Jahren bei einer Gedenkveranstaltung auf dem Braucker Friedhof. Dort sind auf einem Ehrengrabfeld 215 in Gladbeck – meist in Brauck – umgekommene Zwangsarbeiter beerdigt.
Rund ein Dutzend Interessierte waren zu den Gräbern gekommen, die die Rosenhügeler Sozialdemokraten mit Kerzen und Blumen geschmückt hatten. „Hier liegen Opfer von Krieg, Gewaltherrschaft und Rassenwahn, wir wollen die Erinnerung an diese fast Vergessenen wachhalten“, sagte Ortsvereinsvorsitzender Andreas Dunkel.
Er erinnerte daran, dass unter den Verscharrten vor allem russische Kriegsgefangene waren, ebenso russische Verschleppte. Auch einige polnischen Namen sind auf den Grabtafeln zu lesen. Untergebracht waren die Zwangsarbeiter in Barackenlagern, u.a. an der Brauckstraße oder in der alten Antoniusschule (heute Awo Brauck). Sie arbeiteten vor allem auf Stinnes. Dunkel kündigte an, mit dem ZBG über eine aufwertende Gestaltung des Grabfeldes und einer Überarbeitung des Gedenksteines reden zu wollen.
Agnes Piosik (84), die an der Heringstraße aufwuchs, kann sich noch an die ausgemergelten Menschen, die durch die Straße zur Arbeit zogen, erinnern. Elfriede Sieradrki (77), die damals an der Breukerstraße wohnte, weiß noch genau, wie ihre Familie den Zwangsarbeitern aus dem Keller Brot reichte.