Gladbeck. . Verzweiflung, Angst vor Verfolgung, Hunger, Flucht - um den Menschen in der Heimat zu helfen, haben die Mitglieder vom Kulturverein der Aleviten am Wochenende Spenden für die verfolgte jesidische Bevölkerungsgruppe im Norden Iraks gesammelt. Die Menschen sind ganz dringend auf Hilfe angewiesen.
Hunger, Fluchtdramen: Was uns an Botschaften aus dem Norden des Iraks durch die Nachrichten erreicht, klingt hochdramatisch und die Opfer dieses Konflikts, Angehörige der Jesidischen Bevölkerungsgruppe, brauchen Hilfe. Genau aus diesem Grund hat sich am Sonntag der Kulturverein der Aleviten aus Gladbeck in seinem Versammlungszentrum in Brauck getroffen, um Spendengelder für die Menschen in der Heimat zu sammeln.
„Wir reden hier nicht über einen Konflikt im Sinne des Haager Kriegsrechtes, sondern über einen Genozid, über einen Völkermord“, sagt Tecer Ceylan vom Kulturverein der Aleviten. Was er über die Geschehnisse in der Stadt Sengal zu berichten weiß, lässt dem Zuhörer den Atem stocken. In der Stadt Sengal, Schwerpunkt der Gladbecker Hilfsaktionen, lebten 750 000 Jesidische Einwohner, 50 000 Schiiten und etwa 20 000 Sunniten. „Wir wissen nicht genau, wie viele von den IS-Terroristen ermordet wurden. Es waren aber etliche Hundert Männer, die brutal exekutiert wurden. Ein schreckliches Schicksal droht auch den Frauen“, so Ceylan.
Was geschieht mit den Frauen und Mädchen? „Sie werden als Zwangsprostituierte verkauft. Es ist wie im Mittelalter. Wir stehen hilflos da“, sagt der Sprecher der Gladbecker Aleviten.
Unter den rund 200 Gästen im Vereinshaus sind auch einige Überlebende, die aus der Region flüchten konnten. Man sieht ihnen das Trauma an, sie wollen aber keine Öffentlichkeit, weil sie Repressionen für ihre Familienangehörigen im Krisengebiet befürchten. Belastbar sind die Zahlen, die sie nennen. Aus einer befreundeten Familie eines Anwesenden wurden die Mädchen und Frauen entführt und die neun männlichen Mitglieder erschossen. 250 Kleinkinder sind gestorben, weil es nur kontaminiertes (verunreinigtes) Wasser für die Ernährung gibt.
„Es gehört zu unserer Kultur, Menschen in Not zu helfen. Wir Aleviten helfen Jedem, der in Not ist. Wir sammeln permanent für unsere Leute. Jeder Euro kommt dort an, wo er hilft. Alles ist ehrenamtlich“, so Ceylan, der mit Freunden einen Hilfskonvoi in das Krisengebiet plant, um Babynahrung und Milchpulver dorthin zu liefern. „Wir Aleviten leben in unserem religiösen Weltbild Toleranz, das gilt auch für die Rolle der Frauen, die bei uns den Männern gleich gestellt sind“, betont Ceylan.
Am Ende haben die Freunde und Gäste der weltoffenen Aleviten köstlich gespeist, viele Worte des Trostes gesprochen und tief in die Taschen gegriffen: Es ist ein hoher vierstelliger Betrag, der für die Verwandten und Freunde in Not gesammelt wurde.