Gladbeck. . Manche Leute weichen lieber aus, wenn Rollstuhlfahrerin Birgit Krüger ihnen in der Gladbecker Fußgängerzone mit ihrem Hund Ragnar entgegen kommt. Dabei ist der anderthalbjährige Staffordshire-Terrier ein freundlicher Kerl mit einem schwierigen Job: Er soll seinem Frauchen das Leben erleichtern.

Wenn Birgit Krüger mit Ragnar durch die Fußgängerzone fährt, treten manche Passanten beiseite. Nicht, weil sie dem Rollstuhl ausweichen wollen, sondern weil sie dem Hund nicht über den Weg trauen. Der bullige Kopf, der breite Kiefer, die Muskeln – Ragnar ist ein Staffordshire-Terrier und zählt somit zu einer laut Landeshundeverordnung gefährlichen Rasse. Wer einen solchen Hund halten möchte, muss einen Sachkundenachweis und ein polizeiliches Führungszeugnis vorweisen, wie Birgit Krüger.

Ein sogenannter Kampfhund. Nur: Ragnar hat das niemand gesagt. Wenn der anderthalbjährige Rüde um etwas kämpft, dann nur um die Zuneigung seines Frauchens. Das tut er aber mit Nachdruck, da kann es schon mal sein, dass er für eine Schmuseeinheit mit Anlauf auf ihren Schoß springt.

Sachen aufheben und tragen kann er schon gut

Er ist eben in der Pubertät. Langfristig soll er aber einen ernsthaften Job ausüben. Frauchen Birgit Krüger bildet ihn zum Assistenzhund aus. Er soll ihr helfen, wenn sie selbst nicht weiterkommt. Auf Hilfe angewiesen ist Brauckerin, seit sie an Multipler Sklerose erkrankt ist.

Erste Handreichungen beherrscht Ragnar auch schon, er kann heruntergefallene Gegenstände aufheben und auch mal einen Beutel tragen. In Gladbeck ist der Hund mit der außergewöhnlichen Fellfarbe namens „Blue Line“ bereits bekannt, in manchen Geschäften wie einem Drogeriemarkt willkommener Gast mit Sondererlaubnis.

Bewusste Entscheidung für die Rasse

„Ich habe mich bewusst für diese Rasse entschieden“, sagt Birgit Krüger, die Ragnar vor einem halben Jahr aus dem Tierheim Duisburg holte, nachdem ihr voriger Begleithund Merlin gestorben war.

„In der Schweiz und in den USA werden Staffordshire-Terrier als Therapiehunde eingesetzt, weil sie so sensibel und ruhig sind“, erklärt die Hundefreundin, die einen Großteil der Ausbildung ihres Tieres selbst übernimmt. Unter anderem haben „Staffs“ eine sehr hohe Reizschwelle, das bedeutet, dass sie ein sehr ausgeglichenes Wesen besitzen. „Deshalb kann diese Rasse auch so gut mit Kindern", erklärt Birgit Krüger. Diese positiven Eigenschaften müssen sich in Deutschland erst noch herumsprechen.

Bis dahin muss sie mit Sprüchen leben wie: „Im Rollstuhl – und dann so ein Vieh.“ Leute, die so etwas sagen, sollten „lieber mal nachdenken, warum ich so einen Hund am Rollstuhl führe“, sagt sie. Ragnar jedenfalls hat sich schnell ans Laufen neben dem Elektrorolli gewöhnt. Noch trägt er dabei ein Halti ums Maul. Bald soll er in der Hundeschule für seinen Wesenstest üben. Wenn er den besteht, darf er anschließend auch ohne Maulkorb geführt werden. Birgit Krüger hat daran keinen Zweifel.