Gladbeck. Nun ist es quasi amtlich: Der Turm von St. Lamberti ist der höchste im Bistum Essen. Allerdings ist er nicht so hoch wie bislang angenommen (83 Meter). Jung-Vermessungstechniker, die mit Ausbilder Albert Hünninghaus nachmaßen, kamen auf 78,73 Meter. Aber es reicht: Der Turm ist spitze im Bistum!
Von zwei Punkten aus in der Innenstadt nahmen die jungen Leute, sieben an der Zahl, unter Anleitung von Hünninghaus das Gotteshaus ins Visier: Vom Parkplatz hinter dem Rathaus und vom Marktplatz. „Dabei musste das Ziel, in diesem Fall der Kirchturm, mit einem Fadenkreuz genau anvisiert werden“, erläutert der Ausbildungsleiter der Essener Vermessungsfirma DMT.
Bezug nahmen die Vermesser auf zwei Höhen in „Normal Null“. Sie wird einmal bestimmt unten an der Treppenoberkante der Kirche und ein zweites Mal oberhalb des Kirchturmspitze an der darauf ruhenden Kugel. Das Kreuz mit aufsitzendem vergoldeten Hahn ließen die Vermesser außen vor.
Die Berechnungen mit horizontalen und vertikalen Scheiben, dann auch noch in zwei unterschiedlichen Messverfahren und eben von zwei Messstellen aus, wurden am Ende mit Hilfe des Computers ausgewertet. Schließlich kamen zwei Höhen in „Normal Null“ heraus, die miteinander verrechnet wurden. Und es ergab sich ein Unterschied von 78,73 Metern – das ist die Höhe des Turms.
Warum der Wert deutlich von dem der Pfarrei abweicht – dafür hatte Hünninghaus keine Erklärung. Immerhin: Das Kreuz und die Treppenanlage (einige Stufen geht es vom Kirchplatz schon hinauf) wurden nicht mitgemessen. Aber selbst, wenn man dafür noch einmal zwei Meter draufsattelt, liegt die neue Höhe deutlich unter der aus den Bauunterlagen. Aus denen ergibt sich aber auch andererseits nicht, welche Messpunkte man dafür damals nahm. Hünninghaus sagte, dass die neue Höhe dennoch reiche, um als höchster Kirchturm im Bistum Essen zu gelten.
Offiziell ist die Messung im übrigen nicht – die ganze Aktion ist eher eine freiwillige und originelle Ergänzung in der Ausbildung der Nachwuchs-Vermesser. Hünninghaus führte die jungen Leute aus verschiedenen Büros zusammen, damit sie über den Tellerrand ihrer Betriebe gucken können und nicht immer nur dasselbe messen. Mit Hilfe der DMT kamen sie in den Genuss Bergwerks- und Tunnelbaustellen zu vermessen. Oder eben Kirchtürme.
Aus der Baugeschichte von St. Lamberti
Die heutige Lamberti-Kirche wurde ab 17. September 1897 gebaut. Bis zum Ende des Jahres 1897 wurden die Arbeiten am Turmunterbau bis zur Höhe der Orgelbühne fertig.
1898 wurden die Kirchenmauern hochgezogen. Ab September richteten die Zimmerleute und Dachdecker das Kirchendach auf. Im Frühling 1899 folgte schließlich der Turmhelm.
Darauf kam Ausbilder Hünninghaus durch den persönlichen Kontakt zum Essener Dombaumeister Ralf Meyers, der verschlug, die beiden Türme der Essener Kirchen St. Barbara und St. Hubertus nachzumessen, die seit langem darum konkurrieren, die höchsten in der Nachbarstadt zu sein. Und der Dombaumeister ergänzte, wenn die Nachwuchsleute einmal bei der Arbeit seien, könnten sie auch den Turm von St. Lamberti nachmessen, der als höchster Kirchturm im ganzen Bistum gelte. Da keine höheren Zahlen als die 78,73 Meter gemessen wurden, bleibe es bei dem Superlativ für die Gladbecker Propsteikirche, hieß es.
Propst André Müller zeigte sich davon überrascht. „Ich dachte, in Bottrop steht die Kirche mit dem höchsten Kirchturm, aber wir nehmen gern den Titel an“, so Propst Müller zur WAZ.