Gladbeck. „Ganz normal“ werden Johanna und Mina ein Jahr in ihren jeweiligen Gastfamilien leben, den Alltag im fremden Land kennenlernen. Einen Austausch der besonderen Art erlebt die Gladbecker Familie Lemmen - die Tochter reist nach Südamerika, dafür kommt ein Gast vom Balkan.
Johanna geht – Mina kommt. Am 22. Juli setzen Nicole und Thomas Lemmen ihre Tochter, zwei Tage vor ihrem 16. Geburtstag, in den Flieger Richtung Chile, drei Wochen später holen sie ihre 17-jährige Gasttochter aus dem serbischen Belgrad vom Flughafen ab.
Ein Jahr ins Ausland zu gehen – die Idee kam Johanna „ganz spontan“, als ihr auf der Jugendbildungsmesse in Essen ein Flyer der Organisation „Youth for Understanding“ (YFU) in die Hand gedrückt wurde. Bei ihren Eltern rannte die Schülerin des Riesener-Gymnasiums offene Türen ein. Nicole und Thomas Lemmen haben selber Erfahrungen im Ausland gesammelt – er während der Studienzeit in Valencia, sie als Au-Pair in Irland. Dass ihre Tochter einige Jährchen jünger ist als sie damals waren, stört sie nicht. YFU, da sind sie sicher, ist ein zuverlässiger Partner, der sich um die Austauschschüler kümmert.
Eigentlich wollte Johanna in ein englischsprachiges Land. Kanada und Australien standen ganz oben auf ihrer Wunschliste. Das hat nicht geklappt, und jetzt freut sie sich auf Chile. Erstens, weil sie nach zwei Jahren Spanisch in der Schule ihre Sprachkenntnisse verbessern will, zweitens weil sie bei ihren Recherchen über ihr Gastland „tolle Landschaften und Menschen aus aller Welt“ entdeckt hat, drittens weil sie ihre Gastfamilie nach ersten Mail- und Skype-Kontakten sehr sympathisch findet.
Als Johanna sich für den einjährigen Auslandsaufenthalt anmeldete, wurden ihre Eltern gefragt, ob sie im Gegenzug einen Gast aufnehmen würden. „Wir haben nicht lange überlegt, wir haben ja ein Bett frei“, lacht Thomas Lemmen. Das Bett steht im Zimmer von Johannas Schwester Georgina. Deshalb musste der Gast weiblich sein. Und noch eine Bedingung schrieb die Familie in den umfangreichen Fragebogen: Die Gasttochter muss Rad fahren können. „Wir sind häufig mit den Rädern unterwegs.“
Georgina ist gespannt, mit wem sie künftig ihr Zimmer teilen wird
Da schied das nicht radelnde Mädchen aus Aserbaidschan von vornherein aus. Zwei andere fielen durchs Raster, weil sie angegeben hatten, nie mit in die Kirche zu gehen. Das tun Lemmens zwar auch nicht regelmäßig, haben aber durchaus eine Beziehung zur Kirche und wünschen sich, dass ihr Gastkind Georginas Konfirmation im nächsten Jahr mitfeiert.
Jetzt kommt also Mina aus Belgrad. Ihre Gastfamilie weiß aus Briefen und Mails, dass die 17-Jährige Gitarre spielt, Hip-Hop-Fan ist und gerne kocht. Dass sie Basketball spielt, passt besonders gut. Johanna spielt in der Damenmannschaft des TV Gladbeck. Da kann Mina sie zwar nicht ersetzen, aber immerhin hat sie schon mal einen Verein, wo sie ihrem Hobby nachgehen kann.
„Ganz normal“ werden Johanna und Mina ein Jahr in ihren Gastfamilien leben, den Alltag im fremden Land kennenlernen. Die 13-jährige Georgina ist gespannt, mit wem sie künftig ihr Zimmer teilen wird, und Theo, das achtjährige Nesthäkchen der Familie, ist schon jetzt „ganz neugierig zu erfahren, wie Mina zu Hause lebt“. In der Familie Lemmen herrschen Vorfreude und gespannte Erwartung.