Gladbeck. Dem Ruhrgebiet droht das größte Parlament Europas - der Gladbecker Olaf Jung (Die Linke) beobachtet die aktuelle Entwicklung in Sachen Ruhrparlament besonders intensiv. Jung war in der letzten Sitzungsperiode das einzige Gladbecker Mitglied in dem Gremium, dessen Größe beträchtlich wachsen könnte.

Der Gladbecker Olaf Jung (Die Linke) fordert vor dem Hintergrund der aktuellen Krise des Ruhrparlaments eine schnellstmögliche Direktwahl dieses Gremiums. „Jetzt ist es an der Zeit, endlich die Voraussetzungen dafür zu schaffen“, sagte Jung am Mittwoch auf WAZ-Anfrage.

Wie im WAZ-Hauptteil berichtet, könnte sich das Ruhrparlament, das beim Regionalverband Ruhr (RVR) in Essen angesiedelt ist, laut Experten-Einschätzung auf über 1000 Mitglieder vergrößern!

Auslöser dieser Entwicklung war die jüngste Wahl eines UBP-Politikers durch den Kreistag Recklinghausen als direkt entsendetes Mitglied fürs Ruhrparlament - die komplizierten Berechnungsschlüssel für die Zusammensetzung des Parlaments führen nun dazu, dass die Sitzanzahl anderer Parteien aufgestockt werden muss, um die Verhältnismäßigkeit zu wahren.

Kompliziertes Verfahren

Ja, beim Ruhrparlament blickt wohl kaum ein Bürger durch, solange es nicht direkt gewählt ist. Ein Beispiel: Der Gladbecker Olaf Jung war bislang als vom Kreistag Recklinghausen direkt entsendeter Politiker im Ruhrparlament präsent; jetzt würde er in einem vergrößerten Gremium über Listenplatz 4 seiner Partei in die Versammlung einziehen. Denn die Mitglieder werden zum einen von den Kreistagen und den Räten der kreisfreien Städte entsandt, kommen aber zugleich auch über Listen ihrer Parteien in das Ruhrparlament.

In der letzten Sitzungsperiode hatte das regionale Parlament 72 Mitglieder, bis vor wenigen Tagen rechnete man mit einer nur leicht erhöhten Mitgliederzahl von 83 für die neue Amtszeit. Dann folgte die überraschende Wahl bzw. Entsendung des UBP-Politikers aus dem Kreistag Recklinghausen - und seitdem ist Krisenbewältigung angesagt.

Konstituierende Sitzung nach der Sommerpause im September

Im September soll nun die konstituierende Sitzung des neuen Ruhrparlaments stattfinden. Diesen Termin hat Olaf Jung schon notiert. Bis dahin entsenden weitere Räte und Kreistage des RVR-Verbandsgebiets ihre Direktkandidaten - was möglicherweise zu weiteren Sitz-Aufstockungen in dem RVR-Gremium führen kann, wenn in anderen Städten und Kreisen die Vertreter kleiner Parteien genauso überraschend wie jüngst im Kreistag Recklinghausen zum Zuge kommen.

Frühestens im Jahr 2020 könnte das Ruhrparlament all diese Probleme hinter sich lassen und direkt gewählt werden, falls die rechtlichen Voraussetzungen dazu jetzt zügig von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen geschaffen werden. Ein Schritt, der laut Olaf Jung kommen muss: „Das jetzige Verfahren ist überholt.“

Regionalverband Ruhrgebiet hat deutlich mehr Kompetenzen als früher

Wobei eine schnelle Reform auch deshalb als angemessen erscheint, weil der Regionalverband Ruhrgebiet (einst der Kommunalverband Ruhrgebiet, KVR) bereits seit dem Jahr 2010 über echte regionale Planungskompetenz verfügt und sich längst nicht mehr auf die Gestaltung von Freizeitangeboten (zum Beispiel Revierparks und regionale Radwege) beschränkt.