Gladbeck. Schülervertretung der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule initiierte in Gladbeck ein besonderes Projekt für die achten Klassen. Beleidigende Worte sollen nicht mehr so häufig fallen wie bisher. Falls doch, soll den Schülern zumindest die anschließende Entschuldigung einfacher fallen
„Ey, Schwarzkopf“, „Finger weg, du Pole“, „du Spasti“, „du Opfer“, „du Homo“, „du Hurensohn“ – nur einige von vielen Ausdrücken, die man wohl auf vielen Schulhöfen oder in Klassen Gladbecker weiterführender Schulen in den Pausen aus Schülermündern hören kann. „Wir von der Schülervertretung wollten was gegen diese alltäglichen Beleidigungen tun“, sagt Hussein Zeaiter (16). „Da wir uns als zertifizierte Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage verpflichtet haben, jedes Jahr Aktionen dazu durchzuführen, wurde jetzt das Projekt ‘Gegen Rassismus und Diskriminierung in der Alltagssprache’ in den achten Klassen durchgeführt“, ergänzt SV-Kollege Mike Jakobi (16).
Grundlage war das bereits im Mai auf der SV-Fahrt erprobte Konzept der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, für Demokratie im Regierungsbezirk Münster. In den sechs achten Klassen waren unter Anleitung der Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer am Montagvormittag nun rund 170 Gesamtschülerinnen und -schüler in das Projekt eingebunden.
Auch ein Film, der sich mit dem Thema „anders sein“ und Vorurteile beschäftigte, wurde gezeigt. Ein Alltagsproblem, das etliche der IDG-Schüler kennen, da bei vielen dieser Teenager die familiäre Wurzeln im Ausland liegen.
Im Film ging es um eine Busfahrt und eine nörgelnde Seniorin, die sich durch einen dunkelhäutigen Mann belästig fühlt, der sich neben sie setzt. Ohne eine Regung lässt der Beschimpfte zunächst die Tiraden der Sitznachbarin über sich ergehen, um plötzlich zuzugreifen, als sie in Erwartung des Buskontrolleurs ihren Fahrschein zückt. Das Ticket stopft sich der Diskriminierte schnell in den Mund und schluckt es herunter. Die verdutzte Seniorin entschuldigt sich dann beim Kontrolleur, der Mann neben ihr habe ihr Ticket aufgegessen. Als Antwort wird die Nörglerin aus dem Bus befördert, mit den Worten des Kontrolleurs, eine so unglaubliche Ausrede habe er „noch nie gehört“.
Schultornister ausgekippt
Nach allgemeinem Gaudium waren die IDG-Schüler dann mit Ernst gefordert. Verschiedene Konfliktsituationen wurden geschildert, mit vier möglichen Reaktionen, wobei die Schüler sich für eine entscheiden mussten. Zum Beispiel, wie sie sich verhalten, wenn sie mitbekommen, dass eine Mitschülerin gehänselt und deren Schultornister mitten in der Klasse ausgekippt wird.
„Im letzen Abschnitt des Projektvormittages wurden typische Schimpfwörter des Schulalltages gesammelt, dann deren heimliche Botschaft entschlüsselt und gemeinsam überlegt, ob nicht eine neutralere Aussage möglich ist, die eben nicht diskriminierend oder rassistisch ist“, erklärt SV-Lehrerin Mareike Eickers. Zum Beispiel die Beschimpfung eines Mitschülers als „du Spasti“, mit der heimlichen Botschaft, dass man dessen Verhalten als unklug oder als nervig empfindet. Herausgearbeitet wurde dazu als neutrale Botschaft, doch lieber konkret anzusprechen, welches Verhalten genau man falsch fand.
Auf dem Papier standen so letztlich viele bessere Reaktionsmöglichkeiten in Stresssituationen. Ob die denn als Effekt des Projekttages jetzt wohl immer angewendet würden? „Uns ist schon klar, dass die Beleidigungen nicht plötzlich ganz verschwinden“, sagt Schülervertreter Mike. „Aber wir hoffen, dass es weniger werden und die allen nicht mehr so oft herausrutschen.“ Und wenn jemand einen anderen beschimpft habe, ergänzt Hussein, „dann hilft das Projekt bestimmt dabei, dass man hinterher sofort über den Fehler nachdenkt und dass man besser in der Lage ist, sich zu entschuldigen.“
Das Projekt „Rassismus in der Alltagssprache“ soll auch in den kommenden Jahren Thema für alle „neuen“ achten Klassen der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule sein.