Gladbeck. . Landrat, Kreistag, Europaparlament, Stadtrat, Bürgermeister: Wer am Wahlsonntag seine Kreuzchen auf den diversen Wahlzetteln machen wollte, brauchte Orientierungshilfe. Die gab des von den vielen freiwilligen Wahlhelfern in Gladbeck. Ein Besuch im Wahllokal bei der AWO in Zweckel.
Im Saal der Arbeiterwohlfahrt an der Dorstener Straße in Zweckel wird schon gefeiert. Ein Familienfest. Da wären die Freiwilligen im Wahllokal einen Flur weiter wohl auch gerne eingeladen. „Hier gibt es weder Kaffee noch Kuchen“, sagt Wahlleiterin Sylvia Samagga und raschelt mit einer Tüte Süßigkeiten.
Nervennahrung für die Wahlhelfer. Die leisten an diesem Tag eine Menge Erklär-Arbeit. Es ist aber auch verwirrend. „Der magenta-farbene Zettel ist für den Landrat, der grüne für den Kreistag“, erklärt Benno Krauß (59). Er hat sich freiwillig als Wahlhelfer gemeldet, „aus Idealismus“, wie er sagt. Mitglied in einer Partei ist er nicht.
Auch Elke Timmerscheidt opfert ihren Sonntag gern, „weil ich neugierig bin“. Mehr noch: „Ich habe mir extra Urlaub genommen“, sagt sie. Als Tierpflegerin im Tierheim Bottrop muss sie sonst auch sonntags arbeiten. Nebenfrau Elke Teske wurde auf der Arbeit im Jobcenter als Wahlhelferin angesprochen.
Urnengang ist Ehrensache
Weiter geht es mit den Wahlzetteln. Drei hat Alessa Kropf (20) schon in der Hand. Es folgen: der blaue für den Bürgermeister („Bitte nur gefaltet zurückgeben“), der beigefarbene für den Rat und schließlich der ellenlange graue für die Europawahl. Dass sie wählen geht „ist doch klar“, sagt sie, „weil man seine Stimme ja nutzen sollte.“ Welche Partei Politik in ihren Sinne macht, hat sie für die Europawahl auch im Internet getestet, mit dem Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung.
Diesen Fragebogen hat auch Patrick Weitkamp zur Orientierung genutzt. „Man sollte sich schon mit den Themen auseinander setzen“, sagt der 21-jährige, der bereits mit 16 Jahren sein Wahlrecht bei der Kommunalwahl ausübte. Sein Motto: „Wer nicht wählt, darf hinterher auch nicht meckern.“
Um 8 Uhr früh hat das Wahllokal in Zweckel aufgemacht – und schon standen die ersten Bürger auf der Matte. Für manche ist der Gang zur Urne eine feierliche Angelegenheit. „Die Älteren kommen im Anzug“, sagt Sylvia Samagga. 191 von 701 Wahlberechtigten im Bezirk dieses Lokals haben bereits am Mittag ihre Kreuzchen gemacht. „Ich empfinde die Beteiligung als sehr gut“, sagt Benno Krauß. Zögerlich gehen es die jungen Wähler an: Erst drei 16-18-Jährige hatten mittags an der Dorstener Straße ihre Stimmen für Rat und Bürgermeister abgegeben.
Hilfe brauchen fast alle, egal ob jung oder alt. „Besonders die Älteren fragen nach, es ist schon sehr komplex diesmal“, sagt Krauß. Wählerin Karoline Büse schnauft: „Mein Gott nochmal, da braucht man ja ein Studium.“ Bis 18 Uhr werden die Wahlhelfer wieder und wieder erklären, welcher Zettel in welche Urne gesteckt werden muss. Und dann wird gezählt.