Gladbeck. Er gilt als „bad boy“ in der politischen Szene. Jürgen Zeller redet immer Klartext – mit dem politischen Gegner sowieso, aber auch in seiner eigenen Fraktion. Nach 25 Jahren im Rat der Stadt ist jetzt Schluss. Bei der Kommunalwahl im Mai tritt der 61-Jährige nicht mehr an.

Er gilt als „bad boy“ in der politischen Szene. Jürgen Zeller redet immer Klartext – mit dem politischen Gegner sowieso, aber auch in seiner eigenen Fraktion. Nach 25 Jahren im Rat der Stadt ist jetzt Schluss. Bei der Kommunalwahl im Mai tritt der 61-Jährige nicht mehr an.

Politisch interessiert war Jürgen Zeller schon als junger Mann, politisch festgelegt nicht. „Mit Mitte 20 habe ich mal Richtung FDP geschielt.“ Dass er stattdessen als 34-Jähriger in die CDU eintrat, lag zunächst einmal weniger an den Inhalten. „Der damalige Ratsherr Reinhard Ruloffs hat mich zur CDU gebracht. Von diesem außergewöhnlich sympathischen Menschen habe ich auf die Partei geschlossen.“ Klartext Zeller: Ganz erfüllt hätten sich diese Erwartungen allerdings nicht.

Umgekehrt tat sich die Partei mit dem „jungen Wilden“ auch nicht ganz leicht. „Mit großem Gezeter“ und gegen zwei Mitbewerber wurde er als Kandidat für die Kommunalwahl 1989 nominiert, und er holte mit deutlich über 50 Prozent der Stimmen seinen Wahlkreis in Rentfort von der SPD zurück.

„Wie die Axt im Walde“

Seinen Start im Rat der Stadt beurteilt Zeller heute durchaus selbstkritisch: „Als Neuling habe ich mich benommen wie die Axt im Walde und vielen Menschen vor den Kopf gestoßen. Den einen oder anderen möchte ich noch nachträglich um Entschuldigung bitten, allen voran Manfred Braun, den ich auch sehr persönlich angegriffen habe.“

Das klare Wort hat Jürgen Zeller auch später nie gescheut. Sicher ein Grund, warum er rückblickend feststellt: „Meine Fraktion hat sich mir gegenüber in all den Jahren immer ein bisschen distanziert gezeigt.“ Einmal herrschte sogar einige Monate Funkstille, als Zeller, unterstützt nur von zwei Parteifreunden, Ende der 80er Jahre eine Demonstration mit einigen hundert Leuten vor dem Rathaus auf die Beine stellte, gegen die Sperrung des Rathausvorplatzes für den Kfz-Verkehr. „Da haben sich die anderen aus der Fraktion weggeduckt und waren mir anschließend richtig böse.“

Nominiert wurde er von seiner Partei trotzdem wieder („Fürs Grobe war ich eben gut zu gebrauchen, und außerdem hatte ich viel Zuspruch und Erfolg in Rentfort.“) – mehrmals für den Rat der Stadt und 1994 sogar für den Landtag, letzteres zwar erfolglos, aber „mein Ergebnis gegen Wolfgang Röken war nicht schlecht“.

Zellers dritte Periode im Rat – das war die schönste Zeit: CDU und Grüne gemeinsam in der Mehrheit, CDU-Mann Eckhard Schwerhoff Bürgermeister. „Das war ein völlig ungewohntes, aber befreiendes Gefühl für uns, die wir bis dahin nur Oppositionsarbeit kannten.“ Und fünf Jahre später noch so ein toller Erfolg: Schwerhoff wiedergewählt, dieses Mal von den Bürgern direkt, die CDU erstmals mit mehr Sitzen im Rat als die SPD. Ein Traumergebnis eigentlich, aber Jürgen Zellers Verhältnis zum Bürgermeister war deutlich abgekühlt. „Es ist kein Geheimnis, dass wir selten einer Meinung waren.“ Zu absolutistisch sei ihm das Stadtoberhaupt gewesen.

Zwei Wahlperioden mit SPD-Mehrheit und SPD-Bürgermeister hat er jetzt auch schon wieder hinter sich. Dass er diese Situation nicht als Verbesserung empfindet, liegt auf der Hand: „Ich habe in den letzten Jahren festgestellt, dass ich mich in der Kommunalpolitik nicht mehr wohlfühle.“ Früher habe man „die Ärmel aufgekrempelt und gemacht, koste es, was es wolle“. Heute müsse man erst die Gemeindeordnung studieren, „bevor man sich trauen kann, etwas zu sagen“. Das sei nicht sein Ding. Trotzdem ist beim Abschied auch ein weinendes Auge dabei: „Weil ich nicht mehr mitgestalten und nicht mehr erreichen kann, dass die großen Parteien zum Wohl der Stadt näher zusammenrücken.“