Gladbeck. . Bei der Betreuung junger Intensivstraftäter arbeitet die Polizei eng mit Staatsanwaltschaft, Gericht und Sozialarbeitern zusammen. Gut eine Handvoll Jugendlicher stehen in Gladbeck unter Beobachtung. Kriminaloberrat Jürgen Albers erzählt von der Arbeit der Beamten.

Sie stehlen. Sie schlagen. Sie brechen ein. Und sie lassen sich auch von Strafen nicht abschrecken. Krasse Fälle wie das Dortmunder Klaukind Elisabeta, der schwerkriminelle „Mehmet“ oder „Crash-Kid“ Andi machten Schlagzeilen. In Gladbeck erregten jüngst zwei Mädchen Aufsehen, die sich als Trickbetrügerinnen entpuppten.

Kriminaloberrat Jürgen Albers (49) ist im Polizeipräsidium Recklinghausen verantwortlich für die Regional-Kommissariate. Bei ihm und seinen Kollegen laufen die Fäden zusammen, wenn es um Jugendkriminalität geht. Eines vorweg: Ein Brennpunkt ist Gladbeck nicht. Oder, wie es Albers lächelnd formuliert: „Wenn dort mal was passiert, fällt das immer gleich auf.“

Drei bis fünf jugendliche Intensivstraftäter in Gladbeck

Und doch gibt es auch in Gladbeck junge Kriminelle, die außer Rand und Band scheinen. „Gut eine Handvoll“, so Albers. Drei bis fünf Delinquenten stehen unter genauer Beobachtung, derzeit seien alle männlich (kreisweit seien es 40 bis 50 jugendliche Intensivstraftäter). „Wir hatten in Gladbeck aber auch schon mal zwei Mädchen.“

Ob ein Jugendlicher als Intensivstraftäter eingeordnet wird, hängt von der Anzahl seiner Taten ab. „Bei mehr als fünf werden wir aufmerksam.“ Wobei auch die Zeit eine Rolle spielt. Im Gegensatz zur sogenannten Episodenkriminalität, bei der mehrere Straftaten innerhalb eines kurzen Zeitraums begangen werden („Genauso schnell wie er auftaucht, verschwindet der Täter auch wieder“), geht die Polizei bei Intensivstraftätern von langfristiger Kriminalität aus.

„Außerdem haben sie ein breiteres Spektrum“, erklärt Albers. „Es gibt Leute, die haben mit Fahrraddiebstahl angefangen“, deren Taten sich über Rollerklau bis hin zu Raubüberfällen gesteigert hätten.

Junge Straftäter ins Gefängnis zu stecken sei nicht das Ziel der Polizei. „Man muss die Haft so lange wie möglich vermeiden“, sagt der Kriminaloberrat – der Stempel „Der/Die war im Knast“ hafte ewig an den Menschen. Albers warnt davor, Jugendliche zu stigmatisieren. „Wenn man denen ständig sagt ,Du bist ein Straftäter’, dann glauben sie es irgendwann.“

Manche sind einfach nicht zugänglich

Speziell geschulte Sachbearbeiter kümmern sich bei der Polizei um die harten Fälle – wobei jeder einzelne besonders betrachtet werden müsse. Einen Dieb, der aus Armut stehle, könne man nicht vergleichen mit einem Gewalttäter, der seine Aggressionen nicht in den Griff bekomme. „Wir haben häufig Leute da sitzen, wo die Kollegen Mitleid haben“, erzählt Albers. „Wenn man die früh erwischt, hat man noch eine Chance.“ Allerdings komme es auch vor, dass Jugendliche überhaupt nicht zugänglich seien, und alle angebotenen Maßnahmen verweigerten, die aggressiv und respektlos, ja, richtiggehend böse seien. „Wir haben auch Fälle, die brauchen eine Viertelstunde, bis sie überhaupt ansprechbar sind.“

Bei der Betreuung der Intensivtäter arbeitet die Polizei eng mit Staatsanwaltschaft, Gericht und Sozialarbeitern zusammen. Das klappe in Gladbeck hervorragend, sagt Albers, „die Gladbecker Richter stehen mit beiden Beinen auf dem Boden. Die kennen ihre Fälle ganz ausgezeichnet.“ Von Anti-Gewalttrainings über Sozialstunden und pädagogische Maßnahmen reicht das Repertoire der Strafverfolgung – bis hin zum Äußersten, der Haft.

Ursache liegt meist in der Familie

Die Ursache dafür, dass Jugendliche kriminell werden, sieht Jürgen Albers im familiären Umfeld. „Was den meisten fehlt, ist die Betreuung“, sei es, weil die Eltern arbeiten, oder sich schlichtweg nicht kümmern. Kriminalität sei nicht einer bestimmten sozialen Schicht zuzuordnen. Täter kämen sowohl aus sozial schwachen als auch vorgeblich „guten Elternhäusern“. „Im Allgemeinen entsteht Jugendkriminalität dadurch, dass Grenzen ausgetestet werden.“

Die Zahl der Intensivtäter, wie auch die allgemeinen Straftaten Jugendlicher seien rückläufig. Waren es 2005 noch 712 Straftaten, die von unter 21-Jährigen verübt wurden, lag die Zahl 2012 unter 500. Die Ursachen sieht Albers (natürlich neben der Arbeit der Polizei) beispielsweise im demografischen Wandel – die Zahl der Jungen sinkt schlichtweg. Auch die Schulzeitverkürzung (G8) spiele eine Rolle. Jugendliche haben weniger Freizeit