Gladbeck. Stadtplaner Jörg Beste verfasste für das Bauministerium die Studie „Modellvorhaben Kirchenumnutzung“. Im WAZ-Gespräch sieht er Lösungen für die Ellinghorster Kirche – trotz des Denkmalschutzes

Einst zentraler Mittelpunkt der Gemeinde und des katholischen Glaubens in Ellinghorst: die 1961 errichtete Kirche St. Elisabeth an der Maria-Theresien-Straße, in der Ende 2010 der letzte Gottesdienst gefeiert wurde. Jetzt ungeliebter „Steinballast“ – den der Propst angesichts mauer Pfarrkasse lieber heute als morgen abgerissen und den Grund versilbert sähe. Einem Abriss schoben das Denkmalamt in Münster und der Landrat als Aufsichtsbehörde jetzt durch Unterschutzstellung einen Riegel vor. Das Ergebnis sind verhärtete Fronten, die zur Frage führen, ob eine schnelle Lösung zur Causa St. Elisabeth möglich ist? „Ja“, sagt Architekt und Stadtplaner Jörg Beste, „wenn alle Beteiligten bereit sind, sich an einen Tisch zu setzen, um einen Kompromiss zu finden.“

Der Experte, der einst auch Theologie studierte, weiß, wovon er spricht. Beste erarbeitete für das Bauministerium NRW das Kompendium „Modellvorhaben Kirchenumnutzung – Ideen, Konzepte, Verfahren“.

An 16 Beispielen wird in der Studie aufzeigt, wie und wo es mit innovativen Planungs- und Beteiligungsformen gelungen ist, entwidmete Kirchen neuer Nutzung zuzuführen. Darüber referierte der Inhaber des Kölner Planungsbüros Synergon kürzlich im Rahmen der Landesinitiative „StadtBauKultur“ im Gelsenkirchener Hans-Sachs-Haus. Unter den interessierten Zuhörern war auch Gladbecks Stadtbaurat Martin Harter.

Zunächst gelte es für alle Beteiligten festzuhalten, sagt Jörg Beste im Gespräch mit der WAZ zur Zukunft der Elisabethkirche, „dass die Denkmalbehörden das öffentliche Interesse am Erhalt des somit unter Schutz gestellten Kirchenbaus festgestellt haben“.

Fakten sind zu akzeptieren

Ein Faktum, das auch der Propst akzeptieren müsse. Rechtlich bestünde für ihn der Ausweg, „einen Übernahmeantrag an die Kommune zu stellen, das Gebäude im Sinne des öffentlichen Interesses zu kaufen“. Dazu müsse die Propsteigemeinde aber nachweisen, „dass sie zuvor nach langer Suche keinen Investor gefunden hat“. Falls die Kommune Gladbeck dann absehbar kein Geld für den Ankauf habe, „könnte die Abrissgenehmigung beantragt werden“. Denn selbst bei unter Schutz stehenden Denkmäler sei ein (Teil)Abriss möglich, „allerdings nur, wenn nachweislich keine weitere Nutzung möglich ist und die Gebäude nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben sind“.

Bezogen auf ein so exponiertes Gebäude wie eine Kirche stehe es aber sowohl der Pfarrei wie der Stadt gut zu Gesicht, „nach einer Kompromisslösung zu suchen, die zur breiter Akzeptanz auch in der Bevölkerung führt“. Sinn mache es dazu, sich an einen runden Tisch mit allen Interessensvertretern zu setzen, um nach Lösungen zu suchen. Beste: „Extern moderiert, damit alle Standpunkte gleichberechtigt behandelt werden.“

Runder Tisch für engagoerte Ideen

Als gelungenen Kompromiss „für einen baulich radikaleren Weg der Umnutzung“ nennt Jörg Beste das Beispiel der katholischen St. Adelheid-Kirche in Geldern.

Der moderne Kirchenbau von 1968 sei zwar architektonisch nicht mit St. Elisabeth

vergleichbar, wohl aber die Ausgangslage. Auch hier habe es sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude gehandelt, um dessen Erhalt es konfliktreiche Auseinandersetzungen gegeben habe. Im moderierten Verfahren sei es schließlich gelungen, eine Einigung zwischen den Beteiligten herbeizuführen. Im Ergebnis blieben wichtige Bauteile der identitätsstiftenden Kirche erhalten, und der ehemalige Kirchenraum wurde nach Entfernung des Daches zu einem Innenhof für seitliche Neubauten eines Zentrums für betreutes Wohnen des Caritasverbandes umgestaltet.

Andere Projekte, nicht zuletzt in Gladbeck selbst das Martin-Luther-Forum, würden aufzeigen, dass man in der Regel auch überraschende Lösung finde, wenn Kirche, Kommune und engagierte Bürger an einen runden Tisch geholt würden, so Jörg Beste.

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