Gelsenkirchen-Buer. Die private Organisation „Prathyasa“, die von drei Pensionären aus Gladbeck und Gelsenkirchen organisiert wird, unterstützt Frauen und Mädchen aus armen indischen Familien. Sie suchen Patenschaften für die armen Inderinnen
Mädchen und Frauen sind in Indien Menschen zweiter Klasse. Daran hat sich auch im 21. Jahrhundert noch nicht viel geändert. Die Fälle brutaler Vergewaltigungen, die in jüngster Zeit durch die Medien gingen, haben das auch den Menschen in Europa auf grausame Weise in Erinnerung gerufen.
Für Doris Beinecke-Thimm, ihren Mann Werner Thimm und für Gerald Bernecker ist die Situation der Frauen im fernen Indien täglicher Ansporn für ihr Engagement. Vor genau zehn Jahren hat das Gladbecker Ehepaar gemeinsam mit dem Bueraner Bernecker den Verein „Prathyasa“ – „Hoffnung für die Bedürftigen“ – gegründet. Ziel der privaten Hilfsorganisation ist es, armen Mädchen und jungen Frauen im indischen Bundesstaat Kerala eine solide Berufsausbildung zu ermöglichen. Selbstbewusst und selbstbestimmt, sagt Doris Beinecke-Thimm, sollen die jungen Inderinnen ihre Zukunft allein in die Hand nehmen können. „Das geht nur über eine gute Ausbildung, die dann einen sicheren Beruf ermöglicht“, ergänzt Gerald Bernecker.
Die Schaltzentrale in Gladbeck
Die beiden Thimms sind die organisatorische Schaltzentrale, der Motor des kleinen Hilfsprojektes im heimischen Gladbeck. Gerald Bernecker verbringt regelmäßig jedes Jahr einige Monate in Kerala, um dann, wieder zurück in Deutschland, in selbst gedrehten Filmen über die Fortschritte berichten zu können, die die „Prathyasa“-Mädchen gemacht haben.
Finanziert wird das Hilfsprojekt über Patenschaften – wer eine Patenschaft übernimmt, zahlt 25 Euro im Monat und ermöglicht mit dieser Summe einer jungen Inderin aus ärmsten Verhältnissen eine bessere Zukunft. 54 Paten in verschiedenen deutschen Städten und sogar einige in Portugal hat der Verein aktuell. Damit finanziert „Prathyasa“ 65 Mädchen und Frauen die Unterbringung in einem Hostel in Kerala und die Berufsausbildung in mittlerweile 21 von der Regierung anerkannten und zertifizierten Ausbildungskursen. „Diese Zertifikate sind wichtig für die Mädchen, weil sie im Anschluss einen sicheren, langfristigen Arbeitsplatz bedeuten“, erklärt Doris Beinecke- Thimm.
„Über neue Paten freuen wir uns natürlich immer. Wir haben ständig Mädchen auf der Warteliste, die in das Projekt aufgenommen werden wollen“, sagt Werner Thimm.
Die für einen Europäer fast unvorstellbare Armut, die in vielen indischen Familien, vor allem auf den Dörfern herrscht, beschreibt Gerald Bernecker am Beispiel der 18-jährigen Sharmila. Das junge Mädchen lebt mit seiner Familie in einer aus Plastikabfällen zusammengebauten Hütte; geschlafen wird auf dem nackten Boden. Und das auch, wenn der Monsunregen den Boden aufweicht. Sharmilas Mutter ist nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmt. Der Vater arbeite ab und an als Waldarbeiter, verdiene nur wenige Rupien, die kaum für den Lebensunterhalt reichen. Mit Hilfe von „Prathyasa“ konnte Sharmila diesem ewigen Armuts-Kreislauf entkommen. Statt später ebenfalls mit einem Arbeiter verheiratet zu werden, hat sie eine Ausbildung als Krankenschwester absolviert. Nun arbeitet sie in einem Hospital in Parassala, verdient dort umgerechnet ca. 70 Euro im Monat, was in Indien ein mittleres Monatseinkommen ist. Mit ihrem Lohn kann Sharmira jetzt ihre Familie unterstützen.