Gladbeck. . Elmar Flöter meldete sich zur Leseraktion und stöberte mit der WAZ in einer Kiste voller Erinnerungenan den Großvater Gustav Karl Weirich, der einst als Tambour in den Krieg zog

Elmar Flöter barg seinen Schatz – fast vergessen in einer unscheinbaren Kiste – auf dem Dachboden des Hauses Schubertstraße 11b. Dort in Zweckel lebten „Oma, Opa, Vater, Mutter und drei Kinder“ jahrelang unter einem Dach. Und hier entdeckte der heute 74-Jährige einst Fotografien und Schriftstücke – Erinnerungen an den Großvater Gustav Karl Weirich, der in den Ersten Weltkrieg zog.

Beim Aufruf der WAZ an ihre Leser, Beiträge zur Serie „100 Jahre 1. Weltkrieg“ Bilder, Dokumente oder Erzählungen beizusteuern, fiel Elmar Flöter besagter Karton ein. Und er stöberte. Viel ist dem Enkel indes nicht geblieben von dem Mann, der mit der Nummer 41 der Truppe-Stammrolle für 1893 geführt wurde. Wo mag Weirich seinerzeit, also noch vor dem Ersten Weltkrieg, im Einsatz gewesen sein? Darauf weiß Elmar Flöter keine Antwort.

Einige wenige gemeinsame Erlebnisse von Opa und Enkel sind dem Gladbecker im Gedächtnis haften geblieben. „Er hat mir Skat beigebracht“, erzählt Elmar Flöter. Er weiß auch noch: Der Großvater verdiente seine Brötchen als Bergmann, wurde Invalide, sattelte um auf den Beruf Maurer. Elmar Flöter denkt nach und sagt schließlich: „Nein, mit dem Opa habe ich über Kriegssachen gar nicht gesprochen.“ Da „wurde bei uns eher vom Zweiten Weltkrieg und der Zeit danach erzählt“. Hamstern beim Bauern – das war Elmar Flöter ein Begriff, aber die Geschehnisse des Ersten Weltkriegs? Ein Buch mit sieben Siegeln. Denn irgendwann war es zu spät, dem Großvater Fragen zur Vergangenheit zu stellen, „1965 ist er gestorben“.

Familien-Foto voller Harmonie

„An welchen Fronten mein Großvater, der beide Weltkriege überlebt hat, gekämpft hat“, das bleibe zu recherchieren, sagt Flöter. Da müssen die Erbstücke aus dem Leben von Gustav Karl Weirich erzählen. Flöter sitzt vor seinen Schätzen, die auf dem Dachboden vor sich hindämmerten, bis er sie hervorholte: ein farbenprächtiger Trauschein, ein Infanterie-Sturmabzeichen, echt vergoldet, datiert auf das Jahr 1895. Fotos, amtliche Schriftstücke.

Auf einem Dokument ist nachzulesen: Das Licht der Welt erblickte Gustav Karl Weirich am 10. Mai 1873 im schlesischen Ober-Leutmannsdorf, Regierungsbezirk Breslau, Kreis Schweidnitz. Ein Foto zeigt ihn und seine Gattin Anna Ida Weirich mit ihren beiden Kindern Ernst und Hildegard. Letztere sollte später Elmar zur Welt bringen.

Den Schnurrbart prächtig aufgezwirbelt blickt Gustav Weirich in den Apparat des Fotografen. Seine Arme hat das Familienoberhaupt um Frau und Sohn gelegt. Sie in strenges Schwarz gekleidet; er trägt einen Anzug. Das Töchterchen, her­ausgeputzt im Kleidchen mit Volant am Saum, hält einen Ball in ihrer Linken. Die Mutter hat ein paar weiße Blümchen auf dem Schoß liegen. Friede und Harmonie strahlt das Bild aus. Eine Aufnahme aus unbeschwerten Zeiten?

„Er hat bei der 14. Kompanie der 3. Oberschlesischen Infanterie gedient“, hat der Enkel über den Opa herausgefunden, „als Tambour war er mit Stöckchen und Trommel unterwegs.“ Das weiß Flöter. Die Unterlagen geben auch die Information her, dass Gustav Weirich seine Aufgaben tadellos erfüllt hat. Er habe sich „gut“ geführt, wird ihm bescheinigt. Strafen oder gar „Disziplinar-Bestrafungen mit strengem Arrest“? Keine. Aufzeichnungen über mögliche Verwundungen? Gibt’s nicht. Für seine Nachkommen werden viele Fragen unbeantwortet bleiben.