Gladbeck. . 70 Millionen Menschen standen unter Waffen, 17 Millionen verloren ihr Leben: Hinter nackten Zahlen verbergen sich unzählige Schicksale. Welche Fotos, Dokumente und Erinnerungen an Angehörige haben die Nachkommen
Der US-Historiker George F. Kennan nannte ihn die „Ur-Katastrophe Europas“ – den Ersten Weltkrieg, der am 1. August vor 100 Jahren ausbrach. 40 Staaten waren in den bis dato größten Krieg verwickelt, rund 70 Millionen Menschen standen unter Waffen, 17 Millionen verloren ihr Leben. Nackte Zahlen, hinter denen unzählige Schicksale verborgen sind. Die vielen Reaktionen auf die WAZ-Leseraktion zum Thema geben einen Einblick, welche Auswirkungen diese „Ur-Katastrophe“ auf Gladbeck hatte. Eine Ausstellung, die in Kooperation von Stadtarchiv und WAZ Gladbeck entwickelt wird, wirft ein Licht auf jene Zeit. Stadtarchivarin Katrin Bürgel spricht über die Arbeit an dieser Schau und das Konzept.
WAZ: Wann fiel Ihre Entscheidung, zum Thema „100 Jahre Beginn des Ersten Weltkriegs“ eine Ausstellung auf die Beine zu stellen?
Katrin Bürgel: Archivare aus dem Kreis haben sich im Jahr 2012 getroffen, um zu überlegen, wie man das Thema aufgreifen könnte. An eine Foto-Ausstellung mit lokalem Bezug habe ich damals schon gedacht.
Was macht die Arbeit an solch einer Präsentation so zeitaufwendig?
Der erste Schritt ist zu recherchieren, welche Unterlagen wir im Stadtarchiv bereits haben. Dann geht’s darum zu gucken, welche Schwerpunkte sich aus dem Material bilden lassen. Diese Vorarbeiten sind sehr aufwendig.
Auf welchem Themengebiet konnten Sie sich über eine Fülle von Material freuen?
Vorab muss ich erklären, dass wir hier als Stadtarchiv in erster Linie städtische Dokumente aufbewahren. Deswegen gehören zu unserem Bestand unter anderem Abrechnungen, zum Beispiel zur Waisen- und Armenfürsorge.
Was sind weitere Themenschwerpunkte?
Die städtische Finanzierung des Krieges oder die Rolle der Frau. Da haben wir trotz der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg einiges. Nicht so viel hingegen liegt uns zum Thema „Zwangsarbeit“ vor. Da würde ich mich über Unterstützung aus der Bevölkerung freuen.
Historie im Neuen Rathaus
Eröffnet wird die Ausstellung zum Thema „100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs aus lokaler Sicht“ am Donnerstag, 5. Juni, um 18 Uhr im Foyer des Neuen Rathauses.
Stadtarchivarin Katrin Bürgel stellt sich vor: „Den Lesesaal mit seiner Glasfront wollen wir als Ausstellungsvitrine nutzen.“
Außerdem hat sie geplant, diejenigen Gladbecker, die mit privatem Material – wie Fotos oder Dokumente – zur Präsentation beigetragen haben, an diesem Abend einzuladen, quasi als Ehrengäste.
An welche Materialien denken Sie?
Eigentlich freue ich mich über alles: Fotos, Feldpostbriefe, Tagebücher . . .
Das Stadtarchiv ist schließlich auch ein Bürgerarchiv, in dem sich die Bewohner wiederfinden sollen. Wenn sie hier Unterlagen abgeben, verschwinden diese nicht im Verborgenen, sondern sind für die Schenker und Verleiher jederzeit einsehbar.
Gladbecker können Fotos oder Dokumente – zum Beispiel gezielt für die geplante Ausstellung – leihen oder schenken?
Richtig. Darüber können wir mit den Bürgern Verträge abschließen. Wir haben die Möglichkeit, die Unterlagen klimatisch unter besseren Bedingungen aufzubewahren als dies beispielsweise in einer Kiste im Keller der Fall wäre. Bevor Dokumente verschimmeln oder weggeworfen werden, sollte man sich ans Stadtarchiv wenden. Es wäre doch schade, wenn solche Informationen verloren gingen. Bürger müssen auch keine Angst haben, dass sie ihre Leihgaben nicht zurück erhalten. Wir scannen Material ein und geben es sofort zurück. Besonders freuen wir uns verständlicherweise über Schenkungen.