Eine Abweichung im Toleranzwert von 0,03 Prozent klingt nach wenig, führt aber dazu, dass die Stadt Gladbeck gegen die von der Landesstatistik Nordrhein-Westfalen nach der Volkszählung 2011 jetzt festgesetzte Einwohnerzahl fristgerecht Klage vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eingereicht hat.
Denn anders als bei der Zählung 1987 wurden nicht die kompletten deutschen Haushalte befragt, sondern nur zehn Prozent der Bürger stichprobenartig interviewt, was einen Basiswert ergab, der mit den abgerufenen Zahlenwerten aus den Melderegistern der Stadtverwaltungen sowie der Datenbank des Arbeitsamtes und der öffentlichen Arbeitgeber (Beamte, Richter, Soldaten) hochgerechnet wurde.
Wie in vielen Städten des Landes soll demnach auch die Bevölkerungszahl in Gladbeck geschrumpft sein und nicht wie bislang bei der Stadt festgesetzt 75 175 Menschen, sondern nur noch 73 974 Bürger betragen. Ein Minus von 1,6 Prozent, das einen satten Einnahmenverlust bei den Schlüsselzuweisungen des Bundes bedeutet, da diese Gelder sich nach der Einwohnerzahl richten. „Im schlimmsten Fall bedeutet dies für Gladbeck den Ausfall einer höheren sechsstelligen Summe“, sagt Tim Deffte vom Presseamt der Stadt. Die genauen Zahlen stünden aber noch nicht fest.
Richtet man sich nach Pressemitteilungen anderer Städte, könnte die Neuberechnung für Gladbeck ein Minus von rund 200 000 Euro ab 2015 ausmachen. Eine deutliche Belastung für die Gladbecker Bemühungen zum Haushaltsausgleich im Rahmen des Stärkungspaktes.
Die Stadt äußert gegen das Zensus-Ergebnis erhebliche Bedenken, „da die Stichprobengüte und die Zuverlässigkeit des Hochrechnungsverfahrens“ zweifelhaft seien. Das Zensusgesetz sehe für die Gemeinden einen so genannten Stichprobenfehler von höchsten 0,5 Prozent vor. „In Gladbeck beträgt diese Abweichung allerdings 0,53 Prozent - was erhebliche Konsequenzen auf den städtischen Haushalt hat.“
Obwohl das beauftragte Gutachten des Arbeitskreises der Zensus-Kritiker, mit Gladbeck 61 Kommunen, gute Klageaussichten sieht, bewerten andere Experten auch eine Sammelklage als kaum erfolgreich.