Gladbeck. Die Gaststätte "Zum Blauen Bock" an der Landstraße 174 in Butendorf feiert am 11. November das 50-Jahre-Jubiläum. Einst drängelten sich hier die Gäste in Dreier-Reihen am Tresen, heute kann Wirtin Doris Lontkowski (63) ihre Stammgäste namentlich aufzählen.

Doris Lontkowski weiß auch nicht so genau, was am Mittwoch, 11. November 2009, an ihrer Theke so alles passieren wird: „Ich habe gesagt, ich mache gar nichts aus diesem Anlass. . .” Aber vielleicht schaut ja doch der eine oder andere Stammgast mal vorbei, um zu gratulieren: Zum 50-Jahre-Jubiläum in der Gaststätte „Zum Blauen Bock” an der Landstraße 174 in Butendorf.

50 Jahre „Zum Blauen Bock”. Das ist nicht nur ein schlichtes Kneipen-Jubiläum. Das ist ein ganzes Kapitel Stadtgeschichte, ja Ruhrgebiets-Geschichte.

Am 11. November 1959 um 11.11 Uhr eröffnet

Als Vater August Tost am 11. November 1959 um punkt 11.11 Uhr die Gaststätte eröffnete, musste er auf durstige Kundschaft nicht lange warten. An der Theke, im großen im kleinen Saal drängelten sich die Gäste damals allabendlich. Die 60-er Jahre im Ruhrgebiet. Adenauers Regierungszeit geht in den Endspurt; und das Revier ist (noch) ein echtes Zechen-Land. Kohle, Kumpel und ein frisches Pils machen den Dreiklang dieser Region aus.

Blauer Bock? Ja, tatsächlich. Die legendäre Musik- und Schunkel-Fernsehsendung mit Heinz Schenk lieferte die Namens-Vorlage für die Gaststätte, die der dreifache Vater August Tost mit Blick auf seine drei Töchter zunächst eigentlich „Drei-Mädel-Haus” nennen wollte. Aus dem Zweiten Weltkrieg war der Gladbecker ohne Beine zurückgekehrt; ein Leben auf Geh-Prothesen – und das als Gastwirt?

Mit 13 Jahren zapfte sie zum ersten Mal für die Gäste das Pils

Die älteste der drei Töchter, Doris, half dem Vater in seiner Gaststätte, wo und wann immer es möglich war. „Mit 13 Jahren stand ich zum ersten Mal hinter dem Tresen, zapfte das Pils für die Gäste und servierte die Getränke”, erzählt Doris Lontkowski, geb. Tost, und lächelt still. Der Vater führte die Gaststätte bis zum Jahr 1971, dann übernahmen mehrere Pächter die Regie. „Ich habe meinem Vater auf dessen Sterbebett versprochen, dass ich die Gaststätte selbst übernehme, wenn mein Sohn einmal so weit ist.”

Ihr Sohn Andreas, heute 43, war dann irgendwann so alt, dass es ging: Am 7. Februar des Jahres 1986 übernahm Doris, die fleißige Tochter des Gründungs-Wirts, wieder den „Blauen Bock”.

"Ich kann ohne diese Gaststätte nicht mehr leben"

Und heute feiert sie also das 50-Jährige dieser Gaststätte, die für sie weit mehr als eine Gaststätte ist: „Zum Blauen Block” ist seit über fünf Jahrzehnten ihr Zuhause, ihr Lebens-Ort. Und so sagt sie denn auch: „Aufhören? Nein. Ich kann ohne diese Gaststätte nicht leben. Ich kann mir das gar nicht vorstellen. . .”

Ja, in drei Reihen standen sie einst am Tresen, getanzt und gesungen wurde im großen Saal, die Berglehrlinge zählten einstmals zu den allabendlichen Stammkunden – diese Zeiten sind längst vorbei. Doris Lontkowski kann heutzutage ihre Stammgäste namentlich aufzählen. 1,10 Euro kostet bei ihr das frisch gezapfte 0,2-l-Pils. Am Donnerstag ist Ruhetag. An allen anderen Tagen wartet sie ab 10 Uhr morgens hinter ihrer Theke auf Kundschaft. Meistens sind es alleinstehende Herren aus der Umgebung, die eine oder andere Dame zählt aber auch dazu. In Dreier-Reihen drängeln sie sich allerdings längst nicht mehr vor dem Zapfhahn.

Landstraße war einst eine Hauptstraße der alten Gladbecker Kneipenherrlichkeit

Ein Rückblick: Zum Blauen Bock, Zur Brücke, Keysberg, Haus Dume, Zum Treppchen, Perret, Balz – die Landstraße war lange Zeit eine Hauptstraße der alten Gladbecker Kneipenherrlichkeit. So gut wie nichts ist davon übrig geblieben. Doch der „Blaue Bock” hält hier seit fünf Jahrzehnten tapfer die Stellung.

„Wer weiß, vielleicht hat ja irgendwann einmal mein Enkel Marcel Interesse, diese Kneipe zu übernehmen”, sagt Wirtin Doris.

Marcel ist 16 Jahre jung, er besucht die Werner-von-Siemens-Realschule. Er möchte am liebsten Kfz-Mechatroniker werden.

Doris Lontkowski/Zur Person:

Doris Lontkowski, geb. Tost, wurde 1946 in Schultendorf an der Gonheide 37 geboren. Mitte der 50-er Jahre zog die Familie dann an die Landstraße 174, wohnte dort erst zur Miete und betrieb eine Trinkhalle. Dann kaufte die Familie das Haus und richtete die Gaststätte ein. Der Adresse Landstraße 174 blieb die heute 63-Jährige Doris mit ihrem Mann Helmut Lontkowski stets treu. Auch ihre Mutter Inge Tost (84) wohnt dort.