Gladbeck. . Autor Peter Henning las in der „Cafe Schlaflos“-Reihe in der Bücherei Passagen aus seinem aktuellen Buch.

In Gladbeck aus einem Buch zu lesen, das das Gladbecker Geiseldrama zum Thema hat. Schwierig. Auch 25 Jahre nach dem spektakulärsten Kriminalfall der deutschen Nachkriegsgeschichte, der im August 1988 mit dem Überfall auf die Deutsche Bank in Rentfort-Nord seinen Lauf nahmen, haben die Gladbecker nämlich nach wie vor einen ganz besonderen Blick auf die Ereignisse.

Das bekam Buchautor und Journalist Peter Henning dann auch hautnah zu spüren. Er las Donnerstagabend in der „Café Schlaflos“-Reihe aus „Ein deutscher Sommer“. Im Mittelpunkt seines Romangeschehens: Die Kriminellen Degowski und Rösner, die im Sommer ‘88 54 Stunden lang die Nation in Atem hielten mit ihrer Flucht durch Deutschland. 54 Stunden, in denen drei Menschen ihr Leben verloren, in denen Journalisten bei ihrer Story-Hatz sogar zu Mittätern wurden und die Polizei vor allem durch Pannen und Nichthandeln auffiel.

Gerd Herholz, der gemeinsam mit WAZ-Redaktionsleiterin Maria Lüning-Heyenrath durch den Abend führte, näherte sich literarisch dem Werk, sah vor allem den Krieg thematisiert. Die Journalistin Lüning hingegen betonte die dokumentarischen Züge des Werkes, sparte auch nicht mit Kritik an den damals involvierten Journalisten. „Sie haben sich zu Handlangern gemacht, haben unser Wertesystem auf den Kopf gestellt“, gab die WAZ-Redakteurin unumwunden zu. Blieb die bange Frage nach den Lehren, die die Gesellschaft eventuell aus dem damaligen Geschehen gezogen hat – und die auch schon Bürgermeister Ulrich Roland in den Mittelpunkt seiner einführenden Worte gestellt hatte. Viel Hoffnung machten sich da allerdings weder die Drei auf dem Podium noch die Zuhörer im Lesecafé. Heute, so die Einschätzung von Peter Henning, wäre die Traube von Journalisten noch um einiges größer, würde die Nachricht dank Facebook und Twitter noch schneller und unreflektierter um die Welt wandern.

Das Publikum in Gladbeck hörte auf jeden Fall ganz genau hin, sparte auch nicht an Kritik. „Thema verfehlt“, warf ein junger Mann dem Autor sogar vor, als dieser einen Großteil der Lesung einer Randfigur seines Romans widmete. Man sei in die Bücherei gekommen, um etwas über das Geiseldrama zu erfahren. Henning war aber vor allem an der Einordnung seines Buches als gesellschaftskritischer Gegenwartsroman gelegen.

Was der Roman „Ein deutscher Sommer“ nun wirklich ist, wird wohl jeder Leser individuell für sich entscheiden. Fakt bleibt aber so oder so, dass Henning mit dem Geiseldrama ein Thema gewählt hat, das wohl Auflage garantiert.