Gladbeck. Die Güterzug-Kollision in Gladbeck - das war ein Unfall der größeren Kategorie. Da sind sich die Experten einig. Bei dem Zusammenstoß entwickelten sich ungeheure Kräfte, Schienen zerrissen. Doch die Kesselwagen hielten stand - trotz aller Wucht und Verwüstung.
Die Folgen der Güterzug-Kollision ließ Ersthelfer, aber auch Experten noch am Montag in puncto Verwüstung staunen – und aufatmen, da es hätte deutlich schlimmer kommen können. „Doch das hier zählt schon so zur größeren Kategorie“, sagte Bahn-Notfallmanager Sandro Gellrich am Unfallort zur WAZ. Die Verwüstungen ließen ihn, der schon viele Bahn-Unfallorte gesehen hatte, für einen Moment inne halten. „Da haben wir viel zu tun mit der Beseitigung der Unfallschäden.“
Auch Gladbecks Feuerwehrchef Josef Dehling war noch am Montag im Gespräch mit der WAZ beeindruckt, von den „ungeheuren Kräften“, die bei der Kollision freigesetzt wurden. „Das hätte unter Umständen dramatischer ausgehen können.“ Man stelle sich vor, so Dehling, ein Personenzug wäre beteiligt oder der Gefahrgutzug beladen gewesen. Da dies alles nicht bekannt war, löste die Feuerwehr vorsichtshalber, so Dehling, am Samstagmorgen gegen 9.40 Uhr Vollalarm aus.
Alle Löscheinheiten und Rettungskräfte waren unterwegs zum Unglücksort, mindestens 50 freiwillige und hauptberufliche Einsatzkräfte. Zusätzlich wurden Einsatzkräfte aus dem ganzen Kreisgebiet angefordert. Vor Ort wurde schnell die Bottroper Straße abgeriegelt. Da die Lage unklar war, so Dehling, wurde „GSG-Alarm“ gegeben – Alarm wegen „Gefährlicher Stoffe und Güter“. Auch deshalb, weil man nicht wusste, ob und was der Zug geladen hatte.
Die Kesselwagen blieben dicht
Dieser Alarm wurde dann aber relativ schnell aufgehoben und die Anfahrt der benachbarten Feuerwehr-Einheiten gestoppt, nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Kesselwagen nicht beladen und beim Unfall dicht geblieben waren. Der Dieselaustritt aus dem Tank einer der beiden Lokomotiven war rasch abgedichtet. Messungen ergaben zudem, dass zu keiner Zeit Explosionsgefahr bestand. Gegen 14 Uhr hatte die Feuerwehr ihren Einsatz beendet, die Unfallstelle wurde dem Eisenbahnbundesamt übergeben. „Es war keine Gefahr in Verzug.“
Für Dehling und Gellrich ist der Unfall auch ein Beispiel, dass deutsche Sicherheitsvorkehrungen und -bestimmungen funktionieren. Denn auch wenn die Kesselwagen nicht beladen waren, es befinden sich immer Restmengen in den Tanks. In dem umgestürzten Waggon waren, so Dehling, noch drei Tonnen Propen (ein farbloses, brennbares Gas). „Die Ventile hielten, die doppelwandigen Kessel schlugen nicht leck, und das bei dieser Wucht, die sich entfaltete, bei der selbst Schienen zerrissen.“
Viel Gefahrgut auf den Schienen
Für Feuerwehrchef Dehling macht das Unglück auf dramatische Weise deutlich, „was sich da alles auf der Schiene bewegt.“ Gladbeck mit dem Bahnhof West sei angesichts umliegender Chemiestandorte ein regelrechter Knotenpunkt für Gefahrguttransporte. Es sei richtig, dass diese Güter per Schiene und nicht über die Straße transportiert werden. „Aber je mehr transportiert wird, desto größer ist die Gefahr.“ Darüber müsse man sich im klaren sein. Dehling erinnerte an den Aceton-Kesselwagenunfall vor einigen Jahren in Brauck.
Die Deutsche Bahn bestätigte, dass über die Gleise in Gladbeck regelmäßig Gefahrgutzüge rollen, wollte sich aber nicht dazu äußern, wie viele. „Da nennen wir keine Details“, sagte Sprecher Dirk Pohlmann auf Anfrage der WAZ. Nur soviel: Vor einem Gefahrguttransport müsse ein Betreiber eine Genehmigung einholen und die Fahrt an-zeigen.