Gladbeck.

Beim Kennenlernnachmittag der neuen 5. Klassen waren sie jetzt einfach fröhlich mit dabei, ohne im Trubel ihrer Mitschüler aufzufallen, die vier Schülerinnen und Schüler mit Behinderung, um deren Integration es im Vorfeld so viel Aufregung am Ratsgymnasium gegeben hatte. Ganz entspannt ist auch das Lehrerteam, das die Inklusion hier nach den Sommerferien im Unterricht praktisch umsetzen wird. „Wir fühlen uns gut vorbereitet, sind gespannt und freuen uns auf den Schulstart mit der neuen Klasse“, sagt Salvatrice La Greca.

Freiwillig gemeldet Freiwillig gemeldetFreiwillig gemeldet

Wie ihre Kolleginnen hat sich die Studienrätin freiwillig als künftige Klassenlehrerin der ersten integrativen Lerngruppe am Ratsgymnasium gemeldet, nachdem dem Kollegium mitgeteilt worden war, dass das Ratsgymnasium von der Schulaufsicht (wie die Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule) ausgewählt und als Schwerpunktschule zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ab dem Schuljahr 2013/14 gesetzt war. Sie interessiere es, Kinder mit speziellem Bedarf zu fördern, denn sie habe ursprünglich mal überlegt, „Sonderpädagogik zu studieren“, erzählt La Greca.

Gleiches gilt für ihre Kollegin Verena Böckmann, „auch aufgrund meines familiären

Schranken sinnvoll abbauen

Ohne Frage, behinderte Mitmenschen dürfen nirgendwo als Bürger zweiter Klasse gelten. Der gemeinsame Unterricht an Sekundarschulen ist ein weiterer wichtiger Schritt, um Schranken im Miteinander abzubauen.

Um behinderten Kindern und ihren Mitschülern gerecht zu werden, muss aber auch für die entsprechende personelle und räumliche Ausstattung an den Schulen gesorgt werden. Dass die vielen überschuldeten Kommunen als Schulträger gerade letzteres nicht alleine stemmen können, dürfte dem Land klar sein. Abzuwarten bleibt so, welche Gelder hierfür nach der Pilotphase weiter fließen.

Und ist es sinnvoll, langfristig ganz auf Förderschulen zu verzichten? Nein, denn es wird weiterhin Kinder geben (z.B. Autisten), deren Behinderung kleine, spezialisierte Bildungsrefugien benötigt.

Hintergrundes“, sagt sie und erzählt von ihrem behinderten autistischen Cousin. „Ich habe gelernt, dass das auch ganz besondere Menschen sind, von denen man lernen kann, die Welt wieder mit anderen Augen zu sehen. Es gibt so viele kleine Dinge, die wir zu oft übersehen.“

Die Dritte im Bunde, Sarah Fröba, hat es gereizt, ihren „persönlichen Horizont durch die integrative Pädagogik zu erweitern“ und die Gelegenheit zu haben, „etwas ganz Neues an der Schule mitzugestalten“.

Wie die Integration von behinderten Kindern in den Regelunterricht gelingen kann, hat das Trio über Fortbildungen und bei Besuchen von Schulen mit integrativen Klassen erfahren. Ihr „Trumpf“ ist zudem Sonderpädagoge Peter Schurmann, der von der Roßheideschule herüberwechselt und etliche Jahre Berufserfahrung mitbringt. Er ist zuversichtlich, dass der Start am Gymnasium gut gelingt. Zugleich warnt er davor, die Förderschulen komplett zu schließen. „Es wird immer Kinder mit so starker Behinderung geben, dass sie auch für einen starken Klassenverband einer Regelschule nicht tragbar sind.“

„Wir sind gut gerüstet, um die Integration erfolgreich durchzuführen“, sagt Direktor Hans-Christoph Pocha. Die Erfahrungen mit der ersten Lerngruppe sollen ins weitere pädagogischen Konzept einfließen.

Keine allzu große Umstellung für Gesamtschule

„So eine große Umstellung mit den Inklusions-Kindern wird das gar nicht sein“, ist sich Lehrerin Angelique Sluka sicher. Mit ihrem Kollegen Dirk Böger und Unterstützung durch Sonderpädagogin Wibke Knepper wird sie die neue 5. integrative Klasse der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule führen.

Bislang habe sie zum Beispiel 26 Kinder allein im Unterricht betreut, „und schon immer hat es auffällige Kinder in den Klassen gegeben, von denen einige wohl auch die Kriterien

Inklusions-Lehrer an der Ingeborg Drewitz Gesamtschule (v.l.): Angelique Sluka, Dirk Börger, Wibke Knepper.
Inklusions-Lehrer an der Ingeborg Drewitz Gesamtschule (v.l.): Angelique Sluka, Dirk Börger, Wibke Knepper. © WAZ FotoPool

für sonderpädagogische Betreuung erfüllen, die im Klassenverbund aufgefangen werden mussten.“ Jetzt ergebe sich der große Vorteil, im Team deutlich entspannter und differenzierter unterrichten zu können. Mit allen Erfahrungswerten, die Wibke Knepper von der Roßheideschule mitbringt, wo in Mathearbeiten durchaus mal bis zu achtfach differenziert werden muss.

Bei sechs Integrativ-Kindern wird das an der IDG nicht nötig sein. Was aber als Unterrichtskonzept nötig ist, um die Inklusionsklasse erfolgreich auf die Spur zu bringen, soll Christoph Hauptvogel managen. Er hat sich erfolgreich von der seit mehr als zehn Jahren integrativ arbeitenden Dorstener Geschwister-Scholl-Hauptschule für den Posten des Inklusions-Koordinators nach Gladbeck beworben.

Ob Mobbing ein Problem für die Integrativ-Kinder sein könnte, sei natürlich im Vorfeld angesprochen worden, sagt Schulleiterin Alrun ten Have. Dies sei aber ein Thema, mit dem sich auch alle anderen Klassen beschäftigen. „Wir haben bereits Kinder mit Gehbehinderung und konnten feststellen, dass sie gute Hilfe von ihren Mitschülern erhalten.“

Nach der ganzen Vorbereitung werde es endlich Zeit, „dass es losgeht“, sagt Christoph Hauptvogel. „Das wird ein spannender Prozess, in den man reinwachsen muss.“