Gladbeck. .

Die erste offizielle Gladbecker Gedenkveranstaltung aus Anlass der Bücherverbrennung in Wittringen fand viel Beachtung: Zahlreiche Gäste hatten sich am Donnerstagabend im Lesecafé der Stadtbücherei eingefunden, als Manfred Samen seinen Vortrag zu den Geschehnissen im Sommer vor 80 Jahren hielt.

„Dieses Ereignis ist über viele Jahrzehnte von allen Beteiligten totgeschwiegen worden“, unterstrich Manfred Samen nochmals in seinem Vortrag, in dem er detailreich die damalige Situation erläuterte: Seit Januar 1933 hatten die Nazis die Macht in Deutschland, im Mai 1933 gab es die ersten Bücherverbrennungen in den Großstädten und an den großen Universitäten, und dann folgte die Provinz:

Das seit langem in Gladbeck geplante „Fest der Deutschen Schule“ bot hier einen willkommenen Anlass, um am Vorabend dieses Festes in Wittringen auf der großen Wiese neben dem Ehrenmal die Werke bedeutender deutscher Schriftsteller zu verbrennen. Zahlreiche Gladbecker Bürger verfolgten damals das Geschehen in Wittringen oder waren aktiv an der Vorbereitung oder Organisation beteiligt, niemand von diesen Beteiligten oder Zeitzeugen berichtete nach 1945 über dieses Ereignis oder distanzierte sich davon. „Beschämend“ nannte ein Besucher des Vortragsabends dieses Verhalten.

Gesellschaftliche Gleichschaltung

Manfred Samen skizzierte ausführlich die lokalen Geschehnisse rund ums „Fest der Deutschen Schule“, das von der 1931 gegründeten Gladbecker Ortsgruppe des Volksbundes für das Deutschtum im Ausland (VDA) organisiert wurde. Im Juli 1933 war diese Gladbecker VDA-Ortsgruppe längst gleichgeschaltet. Das galt auch für die Gladbecker Presselandschaft, die aus drei Lokalzeitungen bestand. Begeistert berichtete beispielsweise der „Gladbecker Anzeiger“ am 3. Juli 1933 über die Bücherverbrennung in Wittringen: „Und dann kommt der Augenblick, der dem Marxismus in Gladbeck auch nach außen hin den Gnadenstoß gibt. Rote Fahnen und Plakate . . . wurden in die Flammen geworfen. Akten und Bücher der Gewerkschaften finden ebenfalls im Feuer ihren Verbrennungstod, und schließlich gehen auch die Bücher der Dichter, die auf der Schwarzen Liste stehen, in hellen Flammen auf.“ Zeitungszeilen sind das, die das totalitäre System jener Zeit präzise spiegeln.

Bürgermeister Ulrich Roland sagte zu Beginn des Vortragsabends mit Blick auf das „Fest der Deutschen Schule“: „Dieser angebliche Festsonntag war ein Tiefpunkt unserer Stadtgeschichte. Wir müssen uns an diese Zeit erinnern. Es gilt, die Gladbecker Erinnerungskultur lebendig zu halten.“

Ausführlich diskutierte Manfred Samen nach dem Vortrag mit dem Publikum, das zahlreiche Fragen stellte oder auch über eigene Erinnerungen aus der Nachkriegszeit berichtete: Auch an den Schulen war das Thema Bücherverbrennung ja bis weit in die 60-er Jahre hinein tabu - die Schweigespirale setzte sich noch lange Zeit fort. . .