Gladbeck. .
Einen Moment lang kommt Hans Martin Berner kein Mucks über die Lippen. Welcher Beruf bei ihm Anklang gefunden hätte, wären nicht die Trompete und die Jazz-Musik ins Spiel gekommen? Der 20-Jährige ist weiß Gott nicht auf den Mund gefallen, aber diese Variation seiner Lebensplanung lässt ihn erst einmal verstummen. Der Gladbecker, der im zweiten Semester „Jazz Performing Artist, Hauptfach Jazztrompete, Nebenfach Klavier“ an der Folkwang Universität der Künste in Essen studiert, zieht die Augenbrauen zusammen. Er legt einen Finger nachdenklich ans Kinn: „Da muss ich scharf überlegen.“ Was für eine Frage für einen Menschen, der aus dem Stegreif eine Ode an die Harmonie stiftende Wirkung der Musik anstimmen kann . . .
„Als kleiner Junge wollte ich mal für eine Woche oder so Polizist werden: Das fand ich cool“, erinnert er sich dumpf. Aber eine Idee, was er nach dem Abi am Riesener-Gymnasium anfangen möchte, habe er nicht auf dem Zettel gehabt. Außer halt: Profi-Jazztrompeter. Einen Masterplan für eine Alternative, „den hatte ich nicht“, entsinnt er sich.
Brauchte er auch nicht. Der 20-Jährige, der schon als Steppke seine Liebe zur Trompete entdeckte, ging im Laufe der vielen Jahre des Übens, Lernens und Musizierens die Puste nicht aus. Zugegeben: Berners Auftakt in der Welt der Klänge war, so seine eigene selbstkritische Einschätzung, nicht so furios. Flötentöne – wie so viele andere Kinder – sollte der Sechsjährige lernen. Das war wohl ein Griff daneben. Die zarte Blockflöte fiel bei Berner mit Pauken und Trompeten durch.
Traum Rundfunkorchester
Er war und ist halt kein Mensch der leisen, zarten Töne, bevorzugt statt dessen einen vollen Klang. Eine ordentliche Portion Humor schwingt in seine Worten mit, als er mit einem Schmunzeln sagt: „Ich war schon damals ein kräftiger kleiner Junge. Die Blockflöte passte nicht zu meiner Statur. Ich hatte das Gefühl, dass ich zu viel Kraft habe.“ Vorsichtig habe er seine Luft dosieren müssen, das sei für ihn nicht natürlich gewesen.
Die Blockflöte brachte bei dem Jungen keine emotionale Saite zum Vibrieren. Da musste schon ein anderes Kaliber her. Das konnte offenbar auch die Lehrerin nicht überhören: Sie schlug vor, dass Berner es mit Posaune versuchen solle. Eine Empfehlung, die auf taube Ohren stieß. Mutter Heidrun war es, die einen Vorschlag machte, der das Leben ihres Sohnes verändern sollte. Die Musiklehrerin fand: Hans Martin und Trompete, das könnte doch ein prima Zusammenspiel ergeben. Berner erzählt: „Ich dachte nur: Hauptsache keine Blockflöte mehr!“ Fortan spielte das Blechblasinstrument die erste Geige in seinem Alltag. Die Trompete, die „war mein erstes richtiges Instrument“.
So nahmen denn die Eltern Berners Entscheidung, seine große Leidenschaft zum Beruf machen zu wollen, nicht wie einen dröhnenden Paukenschlag wahr. Vater Gerd, der Lehrer für Geschichte, Politik und Deutsch war, habe allerdings gefragt: „Wie willst du das machen?“
Da ist es eher der 20-Jährige selbst, der sich ein wenig wundert: „Es ist komisch, ich stamme ja nicht aus einer typischen Musiker-Familie.“ Und über sich selber sagt der aufgeschlossene junge Mann: „Ich bin kein Naturtalent, ich muss schon üben.“ Am besten drei bis vier Stunden am Tag. „Das ist ein bisschen wie beim Gewichtheben: Die Technik ist wichtig“, erklärt Berner, „Ansatz, Atemtechnik und so. Nur Musizieren wäre schön!“ Sein Ziel: „Ich will immer besser werden, dann wird’s leichter, und man kann sich auf das Spielen konzentrieren.“ Und vielleicht erfüllt sich dann irgendwann Berners großer Traum: Als Mitglied eines Rundfunkorchesters wie der WDR-Bigband Trompete zu spielen.