Gladbeck. .
Alois Birnkammer traute seinen Augen kaum. Das Schauspiel, das er vom Balkon aus beobachtete, erlebt er wahrlich nicht alle Nächte. Gott sei Dank, möchte man hinzufügen. „Gejohle und Kerzenschein gegen 22/23 Uhr auf dem Friedhof in Brauck“, erzählt der WAZ-Leser. Dabei sei solch ein Theater beileibe kein Einzelfall auf dieser Anlage. „Jugendliche Vandalen und Gruftis, die Parties“ zwischen den Gräbern feiern, das komme immer wieder vor. Aus Sicht von Alois Birnkammer untragbar und würdelos für einen Friedhof. Er sagt mit Nachdruck: „Das ist doch immer noch eine Stätte des Andenkens.“
Radler und Hundehalter
Alois Birnkammer, dessen Vater vor ungefähr einem Jahr gestorben ist, gibt zu: „Ich bin bange.“ Sorgen bereiten ihm Diebe, die es auf Grableuchten, Metall-Inschriften und anderen Grabschmuck abgesehen haben und auf ihren Beutezügen Schaden anrichten. Bislang habe er persönlich solche traurigen Vorkommnisse zwar nicht beklagen müssen, aber er habe schon mehrfach die Polizei angerufen, wenn er suspekte Vorgänge auf der Anlage bemerkte.
Zusammenkünfte von feier- und zerstörungswütigen nächtlichen Gestalten sind die unrühmlichen Ausreißer nach oben auf der Skala respektlosen Benehmens, die er auf dem Gottesacker in Brauck mit Unbehagen registriert. Doch da gibt’s nach Birnkammers Ansicht weitere Verhaltensweisen, die nicht auf Friedhofsanlagen gehören und sich eingeschlichen haben. Wieso müssen Radler oder motorisierte Zweiradfahrer ausgerechnet Friedhofswege benutzen? Wer als Angehöriger in aller Ruhe ein Grab besuchen wolle, werde gestört. Wie ein Karnickel zur Seite springen zu müssen, das sollte doch auf einem Friedhof nicht sein. „Früher musste man dort sein Fahrrad schieben“, erzählt Birnkammer.
Früher, vor gut 20 Jahren, da sei es auch üblich gewesen, Friedhöfe abzuschließen – eine gute Lösung, um Zerstörungswut und anderem zwielichtigen Treiben einen Riegel vorzuschieben, findet Birnkammer. Denn: Wenn unter dieser Voraussetzung jemand eindringe, um etwas zu klauen, handele es sich gleich um schweren statt nur einfachen Diebstahl – „das ist eine andere juristische Basis als jetzt“.
Einst sei es Usus gewesen, mit Beginn der Dämmerung – in der dunklen Jahreszeit ab 18 Uhr, in den hellen Monaten ab 20 Uhr – die Pforten abzuschließen. Alois Birnkammer betont: „Man muss nicht immer Tür und Tor für alle öffnen – auch für Hunde!“ Denn Herrchen und Frauchen, die ihre Vierbeiner auf Friedhöfen Gassi führen und dort das Geschäft verrichten lassen, die waren vor Jahrzehnten genauso unvorstellbar wie Diebe und Gruftis.