Gladbeck. Ab 1. Mai ist endgültig Schluss mit Qualmen in allen Kneipen und Gaststätten. Wer rauchen will, muss vor die Tür. Der leidgeprüfte Raucher nimmt’s mit Gelassenheit, die Wirte mit Humor.

Noch ist die Welt in Ordnung für die Herrenrunde im Haus Surmann am Europaplatz. Noch steigt der blaue „Dunst“ von Zigaretten und Zigarillos zur Kneipendecke, noch stehen große Aschenbecher neben dem Herrengedeck (kühles Blondes plus Schnäpsken).

Noch – denn der Countdown läuft: Ab morgen, 1. Mai, gilt das neue Nichtraucherschutzgesetz, das ein uneingeschränktes Rauchverbot auch in Gaststätten anordnet. Dann sind auch die noch geduldeten Quarzer-Reservate wie Raucherclub-Kneipen oder separate Raucherzimmer in Speisegaststätten verqualmte Vergangenheit.

Alle Gäste wollen rauchen

„Klar haben wir gehört, dass wir dann hier drinnen keine Zigarette mehr anstecken dürfen“, sagt Johannes Buschmann. Für seine Stammkneipe hält der 76-Jährige, wie die zustimmend nickende Herrenrunde, das Gesetz für Quatsch. „Alle Gäste, die hier am Vormittag hinkommen, wollen auch rauchen.“ Er selbst habe damit vor mehr als 60 Jahren angefangen „in meiner Jugend“ – wie wohl der Großteil seiner Tresennachbarn. Das klingt nach schon ins Auge gefasstem Gesetzesbruch. „Ne, ne“, winkt einer aus der Runde mit Glimmstängel in der Hand ab, „das können wir dem Wirt doch nicht antun, der dann bei einer Kontrolle Strafe zahlen muss.“

Für den Wiederholungsfall ist der Bußgeldrahmen bis auf 2 500 Euro erweitert worden. In

Ausnahme auch fürs Rathaus

Das geänderte Nichtraucherschutzgesetz sieht auch ein verschärftes Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen wie Kommunalbehörden (Rathäusern) oder in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen wie Kindergärten und Schulen vor. Für letztgenannte gibt es keine Ausnahmen mehr, wie geschlossene Raucherräume, in die sich beispielsweise Mitglieder des Lehrerkollegiums zum Tabakgenuss zurückziehen konnten.

Anders sieht es für Landesbehörden, Kommunalverwaltungen (auch Sparkassen, Stadtwerke) oder Gerichte aus, hier hat der Landtag zugestimmt, weiterhin die Einrichtung von Raucherräumen zuzulassen. Auch die Gladbecker Kommunalverwaltung hält so für die Mitarbeiter weiterhin zwei Raucherzimmer vor: je einen im Neuen und im Alten Rathaus.

letzter Konsequenz kann sogar die Konzession entzogen werden. Dafür zuständig ist die Gewerbeaufsicht der Stadt, deren Mitarbeiter regelmäßig in Gladbecks 265 Gaststätten, davon 165 mit Schankerlaubnis, nach dem Rechten sehen.

Besondere, gar verschärfte Kon-trollen „sind aber nicht geplant“, sagt Tim Deffte vom Presseamt der Stadt. Man setze „auf den guten Dialog mit den Wirten“. Zudem erreichten die Behörde generell mehr Beschwerden aus der Bürgerschaft, „als überhaupt von den Mitarbeitern der Gewerbeaufsicht kontrolliert werden können“.

Dass die Gesundheit der Nichtraucher oberste Priorität vor dem Gewohnheitsrecht der Stammgäste haben soll, geht den meisten Wirten gegen den Strich . „Vor allem, wenn sie viel Geld in neue Nichtraucherbereiche investiert haben“, sagt Sandra Schwarte von gleichnamigen Café.

Hoffen auf Ausnahme für E-Zigarette

Andere packen die Sache trotz Ärger pragmatisch an. Wie der Wirt der Eckkneipe Novelle an der Humboldtstraße, der jetzt die Maler im Schankraum hat, die die vom Nikotin vergilbten Wände weißeln. Das Café Goethe macht mit großer Reklameschrift humoreske Eigenwerbung und „atmet auf — rauchfrei ab dem 1. Mai!“ Bianca Schäfer vom Steam Point an der Rentforter Straße hofft indes, dass die von ihr vertriebenen E-Zigaretten doch nicht unter das Nichtrauchergesetz fallen. „Dann hätte ich bestimmt bald weitere Kunden.“

Bernhard Schwalfenberg lässt derweil die heiße Diskussion der Herrenrunde im Haus Surmann um das Rauchverbot ziemlich kalt. Denn der 68-Jährige wird weiter seine Tabakleidenschaft zum Bier ganz legal in der Stammkneipe pflegen, wie jetzt gerade: „Mit einer doppelten Portion Schnupftabak.“