Gladbeck. .
Lange Zeit hat Hannelore Witt erste Symptome einfach ignoriert. Sie kam schneller „aus der Puste“ als früher, das Treppensteigen fiel ihr schwerer, weite Wege strengten sie an, sie war häufig müde. „Aber es ging noch“, sagt sie heute.
Es ging so lange, bis sich ihre Fingernägel und Lippen dunkelblau verfärbten. Nach einem Ohnmachtsanfall landete sie auf der Intensivstation. Diagnose: COPD, chronic obstructive pulmonary desease, die englische Bezeichnung für eine chronische Entzündung der Atemwege.
Nachts mit Schlafmaske
Vor vier Jahren war das, und seither ist Hannelore Witt auf ein Sauerstoffgerät angewiesen. Anders als in vielen Fällen zersetzen sich bei ihr nicht die Lungenbläschen. „Ich bin einfach nicht in der Lage, das Kohlendioxid auszuatmen“, erklärt sie ihre Erkrankung. Und das bedeutet: Die Schadstoffe lagerten sich ab, der Sauerstoffgehalt des Blutes sank immer tiefer. „Im Normalfall beträgt er 98 Prozent, wenn er unter 90 Prozent fällt, wird es kritisch“, weiß sie. 72 Prozent wurden bei ihr gemessen, als sie ins Krankenhaus kam.
Dank der permanenten Sauerstoffzufuhr über einen Schlauch in der Nase liegen die Werte jetzt im grünen Bereich, wie die regelmäßigen Kontrollen im Krankenhaus belegen. Nachts sorgt eine Art Beatmungsgerät mit intensiven Impulsen dafür, dass sie regelmäßig und kräftig ausatmet. Die Maske, die sie dabei über Nase und Mund stülpen muss, störte sie anfangs ganz massiv, dank einer Spezialanfertigung geht es mittlerweile besser, und an die tiefen Einschnitte, die Maske und Befestigungsgurt im Gesicht und am Hals hinterlassen, hat sie sich notgedrungen auch gewöhnt. „Wenn man leben will, muss man solche unangenehmen Dinge eben akzeptieren.“
Weitaus schwerer fällt ihr der Verzicht auf Reisen. Die Eheleute Witt waren früher oft in südlichen Gefilden unterwegs, und dass auch ihr Mann jetzt nicht mehr verreist, macht Hannelore Witt am meisten zu schaffen. Mit Einschränkungen muss sie auch im täglichen Leben klarkommen. Der Verbindungsschlauch zu ihrem Sauerstoffgerät ist zwölf Meter lang – genau der Bewegungsradius innerhalb der Wohnung. „Bis auf den Balkon reicht meine ,Leine’ schon nicht.“ Und wenn sie nach draußen will, muss sie das tragbare Gerät mit Sauerstoff füllen. Das wiegt dann immerhin 3,5 Kilo, und der Inhalt reicht maximal sechs Stunden.
„Wenn jemand permanent ein Sauerstoffgerät braucht, ist das ein Supergau“, sagt Traude Rohmert, Sprecherin der Selbsthilfegruppe „Pusteblume“. Die Gruppe ist erst vor einigen Monaten aus der SHG Atemwegserkrankter hervorgegangen, die sich aufgelöst hat. Sieben Mitglieder wollten weitermachen und gründeten „Pusteblume“. Wenn sie sich treffen, steht immer eine spezielle Atemgymnastik auf dem Programm. „Das war für mich überhaupt der Grund, mich der Gruppe anzuschließen“, sagt Traude Rohmert, die seit ihrem 18. Lebensjahr an Bronchialasthma leidet. „Rehasport wird an vielen Stellen angeboten, Atemgymnastik nirgendwo.“
Wenn Terrabänder, Bälle und Co. zur Seite gelegt werden, geht es bei den Treffen eher am Rande um die Krankheit. „Man kann schließlich nicht nur krank sein“, findet Hannelore Witt. „Wir singen auch, und wir lachen. Beides weitet die Lunge.“