Gladbeck. .

Das ist gute Tradition in Gladbeck: Die Fahrt zu Gedenkstätten von Verbrechen des Nationalsozialismus fand jetzt wieder in der Zeit vom 3. bis 7. April in Berlin statt.

In diesem Jahr waren 23 Jugendliche aus Gladbeck dabei. Bei einem Vortreffen in Gladbeck sowie einer weiteren Einführung zur Thematik vor Ort in Berlin hatten sich die Jugendlichen auf die fünftägige Gedenkstättenfahrt vorbereitet. Des Weiteren wurde den Teilnehmern die Biographie der Zeitzeugin Inge Deutschkron („Ich trug den gelben Stern“) zur Verfügung gestellt, um sich so auf das Gespräch mir ihr im Otto-Weidt-Museum vorzubereiten.

Den Anfang der Gedenkstättenfahrt machte eine 3-1/2-stündige Stadtführung mit dem Stadtführer Armin Woy. Hier wurden die Jugendlichen umfangreich mit Informationen zur Geschichte der Stadt Berlin sowie zur aktuellen „Situation“ der Hauptstadt versorgt.

Informativer Besch im„Haus der Wannseekonferenz“

Am nächsten Tag wurde das Jüdische Museum in Kreuzberg besucht. Hier nahmen die Jugendlichen an einem Workshop teil, der sich u.a .mit den Themen Situation jüdischer Kinder während der NS-Zeit und dem Überleben in Berlin auseinandersetzte. Mit Hilfe der Mitarbeiterinnen des Jüdischen Museums setzten sich die Jugendlichen in vier Arbeitsgruppen mit den Leidenswegen von deutschen Juden auseinander. Auch mit Hilfe von Originaldokumenten, wie z. B. Fotos, persönlichen Briefen, Schreiben von Ämtern und Behörden, Zeitungsartikeln etc., wurde das persönliche Schicksal von Menschen aufgezeigt.

Gruppenfoto im Otto-Weidt-Museum mit der Zeitzeugin Inge Deutschkron.
Gruppenfoto im Otto-Weidt-Museum mit der Zeitzeugin Inge Deutschkron. © WAZ Gladbeck

Der nächste Programmpunkt war die Gedenk- und Bildungsstätte „Haus der Wannseekonferenz“. Hier kamen am 20. Januar 1942 in einer Villa am Wannsee 15 hochrangige Vertreter der nationalsozialistischen Reichsregierung und SS-Behörden zusammen, um unter Vorsitz von SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich den begonnenen Holocaust an den Juden im Detail zu organisieren und die Zusammenarbeit der beteiligten Instanzen zu koordinieren. Die Historikerin Ingrid Damerov informierte die Jugendlichen in beeindruckender Weise über das vielleicht schändlichste Dokument der modernen Geschichte, und die damit verbundenen Konsequenzen von Millionen von Menschen.

Am Nachmittag besuchte die Gruppe auf Einladung des Bundestagsabgeordneten Michael Gerdes den Bundestag.

Der letzte und emotionalste Programmpunkt war das Treffen mit der Zeitzeugin Inge Deutschkron im Otto-Weidt-Museum. Trotz einer noch nicht auskurierten Erkrankung begrüßte Inge Deutschkron die Jugendlichen aus Gladbeck in der ehemaligen Werkstatt des Unternehmers Otto-Weidt. Dieser betrieb während der Naziherrschaft eine kleine Firma in der Nähe der Hackeschen-Höfe, um dort Besen und Feger für die Wehrmacht zu produzieren. Er stellte fast ausschließlich blinde und gehörlose Juden ein (Inge Deutschkron arbeitete ebenfalls für Otto Weidt, und war eine von drei sehenden Mitarbeiter/innen), um sie somit vor der drohenden Deportation zu retten, was Otto-Weidt auch eine längere Zeit gelang. Im Jahr 1942 wurden dann doch 30 von den 35 Beschäftigten in die Konzentrationslager verschleppt und dort ermordet. Inge Deutschkron, die mit ihrer Mutter in einem Versteck in Potsdam untergetaucht war, gehörte zu den fünf Überlebenden der Belegschaft von Otto-Weidt.

Inge Deutschkron, die nach dem Zweiten Weltkrieg lange Zeit in England und Israel gelebt hatte, kam Ende der achtziger Jahre wieder zurück nach Berlin.

Ihr Leben diente als Vorlage für das berühmte Theaterstück „Ab heute heißt du Sarah“, das in regelmäßigen Abständen im Kinder- und Jugendtheater „Grips“ aufgeführt wird.