Gladbeck.

Mehr als 14 410 Berufstätige waren im Kreis Recklinghausen vergangenes Jahr auf einen Mini-Job als zusätzliche Einnahmequelle angewiesen. Das geht aus einer Untersuchung hervor, die das Pestel-Institut in Hannover im Auftrag der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Gewerkschaft NGG (Nahrung-Genuss-Gaststätten) gemacht hat.

Danach ist die Zahl derer, die neben ihrer Hauptbeschäftigung noch einen Mini-Job als Nebenjob haben, in den vergangenen Jahren im Kreis Recklinghausen drastisch um 120 Prozent gestiegen. Sechs Prozent aller Beschäftigten im Kreis Recklinghausen hätten sich in 2012 mit einem 400-Euro-Job nebenher etwas dazuverdient, so Matthias Günther vom Pestel-Institut. „Wir haben das Phänomen der Multi-Jobber. Das sind Menschen, die mit dem Geld, das sie in ihrem Hauptjob verdienen, nicht mehr auskommen. Deshalb müssen sie auf einen oder mehrere Nebenjobs ausweichen, um überhaupt noch über die Runden zu kommen“, sagt der Geschäftsführer des ver.di-Bezirks Emscher-Lippe Nord, Bernd Dreisbusch.

Preisspirale nach oben

Er macht für das „Multi-Jobben“ vor allem Niedriglöhne verantwortlich. „Auf der einen Seite werden Stundenlöhne bezahlt, die im Keller sind. Auf der anderen Seite steigen die Lebenshaltungskosten. Das beste Beispiel ist das Wohnen. Hier dreht sich – nicht zuletzt wegen der Heiz- und Nebenkosten – die Preisspirale unaufhörlich nach oben.

Abhilfe könne nur ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn schaffen, darin sind sich ver.di und NGG einig. „8,50 Euro pro Stunde – das ist der Mindestpreis, den Arbeit bei uns hat. Wer heute für weniger Geld arbeiten muss, der hat keine Chance, von dem, was er verdient, auch leben zu können“, sagt die Geschäftsführerin der NGG-Region Ruhrgebiet, Yvonne Sachtje.

Sie macht deutlich, dass selbst ein Mindestlohn von 8,50 Euro am Ende gerade einmal für ein Leben reiche, das „haarscharf über dem Hartz-IV-Niveau“ liege. Die generelle Lohnuntergrenze von 8,50 Euro pro Stunde könne daher nur ein Einstieg sein. „Alles darunter bedeutet erhebliche Abstriche beim Lebensstandard. Und vor allem auch ‚Ebbe bei der Rente’ – Altersarmut ist so programmiert“, so Sachtje. Auch ein 8,50-Euro-Mindestlohn müsse daher rasch in weiteren Schritten angehoben werden.