Gladbeck. .
Bei diesem Anblick im Spiegel standen der Frau die Haare zu Berge – und das ist durchaus wörtlich zu verstehen. Sie wollte doch nur ein bisschen flotter aussehen und hatte – um Zeit und Geld zu sparen – selbst an ihrer Mähne Hand angelegt. Eine Packung Coloration gekauft und losgepinselt. Und nun das. Vom warmen Farbton keine Spur, das kreischende Rot signalisiert SOS. Ein Einsatz für Bernd Hoffmann und sein Team.
Sieben bis acht Kundinnen mit haarigen Problemen in fast allen denkbaren Schattierungen nehmen wöchentlich in seinem Salon Platz, damit die Fachleute retten, was zu retten ist. Denn darauf sind der 53-jährige Gladbecker und sein Team spezialisiert. „Intercoiffeur Hoffmann – Friseure mit Ideen“ heißt das Geschäft an der Lützenkampstraße. Und Ideen sind für Frauen Gold wert, die wegen ihrer misslungenen Farb-Experimente am Boden zerstört sind. Da müssen die Fachleute die gesamte Palette ihres Könnens und ihrer Erfahrung nutzen, damit zum Beispiel Selfmade-Friseurinnen sich wieder ohne Mütze vor die Tür trauen können.
Die Geschichte des Haares
„Seit zwei Jahren haben wir zunehmend Kundinnen mit verfärbten Haaren“, hat der Farb-Retter festgestellt. Woran das liegt? Einerseits haben Hoffmann und seine Colour Artistinnen sich einen Namen auf diesem Gebiet erarbeitet: Wenn sie Hand anlegen, dürfen Kundinnen mit misslungenen Colorierungen Hoffnung schöpfen. „In 90 Prozent der Fälle gelingt es uns, die Haarfarbe zu retten“, sagt Hoffmann. Aus ganz Nordrhein-Westfalen reisen Menschen zu den Farb-Reparateuren. „Wir wissen immer, woher unsere Kunden kommen“, sagt der 53-Jährige. Sie nehmen Fahrten aus Mönchengladbach, Minden, Moers und Kleve auf sich. Zeit und Geld – ab 150 Euro aufwärts je nach Material- und Zeitaufwand – investieren die Hilfesuchenden.
Was sie allerdings mit ihren Haaren angestellt haben, wollen viele nicht verraten. „Da wird dann nicht die Wahrheit gesagt, weil es ihnen peinlich ist“, weiß Kerstin Lang, Hoffmanns Partnerin im Geschäft und im Privatleben. Es sei dann schon mal davon die Rede, dass der Friseur daheim das haarige Ungemach zu verantworten habe. Doch der 47-Jährigen & Co. kann man kein Schäumchen für ein Profi-Produkt vormachen. Hoffmann vermutet: Die Werbung gaukle Frauen vor, dass sie im Handumdrehen im eigenen Badezimmer eine bildschöne Färbung hinbekommen. Was sich als Mogelpackung erweisen könne.
Bevor Hoffmann und seine Mitarbeiterinnen zur Tat schreiten, steht als erster Schritt die Diagnose, stets zu zweit beraten sich die Profis. Zentrale Frage: „Welche Geschichte hat das Haar?“ Wie oft wurde es gefärbt? Wann das letzte Mal? Wie sieht’s mit Ansatz und Spitzen aus? „Da legen wir Wert auf wahrheitsgetreue Angaben“, sagt der Colour-Artist. Schließlich gleicht kein Haar dem anderen, individuelle Lösungen müssen geplant werden. Über das Prozedere zu einer wieder glänzenden Frisur informieren die Spezialisten ihre Kundschaft. Schließlich soll sie wissen, wie Spezialrezepturen und ausgeklügelte Techniken – „wir bewegen uns auf einer großen Tastatur von Möglichkeiten“ – auf ihren bisweilen malträtierten Häuptern (Wunder) wirken.
Bei den Rettungsaktionen geht’s Hoffmann nicht nur um eine schöne Farbe. Haarschonende Arbeit, darauf legt er größten Wert. Manchmal müsse erst Aufbauarbeit und ein Pflegeprogramm geleistet werden, bevor Farbe ins Spiel kommen kann. Denn am Ende der Prozedur ist ein Ergebnis das Ziel: „Die Kundinnen sollen den Laden mit schönen glänzenden Haaren verlassen!“