Gladbeck.
Dass die Verunsicherung zur Einrichtung der ersten Inklusionsklasse am Ratsgymnasium nach wie vor groß ist, wurde im jüngsten Schulausschuss deutlich. Auch die Lokalpolitik sah teils Informationslücken, wie man sich den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern vorzustellen habe. Für Schulleiter Ulrich Gottschalk vom Schillergymnasium in Münster ist dies bereits Alltag. Seine Schule war das erste Gymnasium im Regierungsbezirk, das die Inklusion zum Schuljahr 2011/12 eingeführt hat.
Viele Eltern fragen sich, warum überhaupt die Inklusion an einem Gymnasium eingeführt wird?
Ulrich Gottschalk: Der Aktionsplan unserer Landesregierung sieht vor, auch Kindern mit Förderbedarf den Zugang zu einer allgemeinen Schule zu eröffnen. Gemäß der Behindertenrechtskonvention des Bundes (2009), die auf der Charta der Vereinten Nationen basiert. Deutschland hinkt bei der Umsetzung aber einigen Nationen hinterher; und viele Bundesländer sind weiter als wir in NRW.
Welche Kinder mit welcher Behinderung werden bei ihnen unterrichtet?
Je Jahrgang wird eine kleinere Inklusions mit maximal fünf Kindern mit
Lernschwierigkeiten unterrichtet. Den Unterricht unterstützt ein Sonderpädagoge mit einer halben Stelle, so dass bei Bedarf lernschwache Kinder in einem dem Klassenzimmer direkt angegliederten Differenzierungsraum separat gefördert werden können.
Wird häufig getrennt unterrichtet?
In den Unterstufe spielt dies in den Fächern Sport, Musik oder Kunst überhaupt keine Rolle. Auch in Mathematik, Deutsch oder Politik geht der gemeinsame Unterricht noch ganz gut, da man mit unterschiedlichen Arbeitsblättern arbeiten kann. Sachtexte in regulären Arbeitsbüchern kann man für die Förderschüler nicht verwenden, da muss man die Inhalte besonders aufbereiten, was natürlich Zusatzarbeit für den Fachlehrer bedeutet. In Englisch wurde die Differenzierung ab der 6. Klasse aber unvermeidlich.
Ist ein unterschiedliches Lernstandsniveau im Vergleich aller 5. und 6. Klassen zu erkennen?
Nein, die Kinder ohne Förderbedarf in der Inklusionsklasse hinken ihren G8-Mitschülern nicht hinterher, im sozialen Lernen erwerben sie zudem mehr Kompetenzen. Denn die Förderschüler werden von ihren Mitschülern im Unterricht mit unterstützt, so dass ihre Chance auf den Hauptschulabschluss als Schulziel bestimmt nicht sinkt.
Also funktioniert Inklusion auch auf dem Gymnasium?
Ich behaupte, es funktioniert auf dem Gymnasium vielleicht sogar besser, weil aufgrund des deutlichen Leistungsunterschiedes hier von vorne herein keine Konkurrenz untereinander entsteht.