Gladbeck.

Der Papst in Rom tritt zurück, und die katholische Welt steht Kopf - auch in Gladbeck. Kaum war die Nachricht vom Rückzug aus dem höchsten kirchlichen Amt in der Welt, stand bei Propst André Müller das Telefon nicht mehr still, ratterten Nachfragen per SMS und What’s app aufs Handy.

„Alle wollen wissen, was es damit auf sich hat“, erklärt André Müller, den die Nachricht aus Rom selbst „völlig überrascht hat“. Zwar habe der Papst einen solchen Schritt vor etlichen Jahren in einem Interview schon einmal in Erwägung gezogen, aber Zeitpunkt und Tatsache kämen jetzt völlig unerwartet. Doch „das Kirchenrecht gibt ihm die Möglichkeit dazu, und ich habe den größten Respekt vor dieser Entscheidung.“

Die Kirche braucht kraftvolle Leute

Am Sonntag noch hatte Propst Müller die Übertragung des Angelusgeläuts auf dem Petersplatz mit Papst Benedikt gesehen und dabei festgestellt, wie brüchig die Stimme Benedikts geworden ist. „Er ist schwach geworden“, nahm der Propst deutlich wahr.

Dass der Papst den ungewöhnlichen Schritt des Rücktritts beschlossen habe, „passt zu ihm und zu seiner Linie, für ihn gehören Glauben und Vernunft zusammen.“ Benedikt XVI. sei zwar ein konservativer, zugleich aber auch moderner Mensch, der wisse, dass es im heutigen Medienzeitalter und der schwierigen Situation, in der sich die Kirche befinde, viel Kraft brauche. „Wir müssen als Kirche mit kraftvollen Leuten die vielen Aufgaben, die vor uns liegen, angehen“, so André Müller. Benedikt mache um der Sache willen nun seinen Stuhl frei.

Der nächste Papst wird nun schnell gewählt werden. Wenn Benedikt XVI. am 28. Februar, 20 Uhr, zurück tritt und sein Ring zerschlagen wird, hat das Konklave 15 bis 20 Tage Zeit, die Wahl des Nachfolgers vorzubereiten. 117 Kardinäle, die noch unter 80 Jahre alt sind, werden das nächste Kirchenoberhaupt bestimmen. „Kardinal Meisner darf nicht mehr mitwählen“, sagt der Propst mit einem Augenzwinkern.

Wenn’s nach dem Gladbecker Propst ginge, käme der nächste Papst übrigens aus Manila und hieße Luis Antonio Tagle (Jahrgang 1957). „Ein junger, spirituell begeisternder Bischof. Ein solcher Papst wäre auch ein Zeichen nach Asien, wo die Weltkirche stark ist“, so Müller, der aber auch Realist ist. „Vermutlich wird es wieder ein Italiener.“ Für all diese Spekulationen sei es sowieso noch viel zu früh.

Reaktionen aus der Großpfarrei

„Es ist eine folgerichtige Entscheidung für diesen Papst, der immer nüchtern und nach Faktenlage geurteilt hat. Die Amtsführung verlangt eine Leistung, die an Grenzen geht, die er wohl nicht mehr abrufen kann. Man muss ihm Respekt dafür und für seine Lebensleistung zollen. Der neue Papst braucht Mut und Sachlichkeit, nötige Reformen nicht übereilt, sondern Schritt fürSchritt anzugehen.“ Oliver Laubrock, Pastor St. Josef

Es ist ungewöhnlich, aber typisch für den Rationalist Ratzinger, das haben ihm die wenigsten zugetraut. Am Ende hat Papst Benedikt in großer Souveränität und Verantwortungsbewusstsein gehandelt. Dafür gebührt ihm Anerkennung. Die Papstwahl wird eine Richtungs- wahl. Ich hoffe, es gibt einen Papst mit Mut zu Vielfalt und zu mehr Freiheiten für die Kirche vor Ort.“ Klemens Hasenberg, Pfarrgemenderats-Vorsitzender

Ich finde es gut, dass er zurücktritt. Man muss bedenken, wie alt er ist. Gerade in dieser Zeit, wo es schwierig um die katholische Kirche bestellt ist, brauchen wir jemanden, der seine ganze Kraft einsetzt. Ich fände es gut, wenn der neue Papst aus Afrika käme. Ich wünsche mir, dass bestimmte Themen überdacht werden, wie die Wiederheirat oder der Umgang mit Homosexualität.“ Benedikt Gottlieb, KJG

Ich finde es fair vom Papst, dass er zurücktritt, wenn er sich die Arbeit nicht mehr zutraut. Soweit ich das beurteilen kann, war er ja eher konservativ. Vom neuen Papst wünsche ich mir, dass er offener mit Themen wie Missbrauch, Verhütung und Abtreibung umgeht. Auch über den Zölibat könnte man reden. Dann würden sich vielleicht mehr junge Leute fürs Priesterstudium entscheiden.“ Lena Feldhaus, Pfadfinder

„Die Entscheidung ist richtig, man muss sie akzeptieren“, sagt Kirchenvorstandsmitglied Karl-Heinz Müller (Gemeinde St. Marien). Gerade heutzutage müsse man fit und agil sein, um das schwere Amt des Papstes zu führen. Vom neuen Papst erwartet er „mehr Schwung für die Kirche“ und dass er mit der Zeit geht und sich den Themen stellt, die den Gläubigen wichtig sind.

Elli Hein, Küsterin in Heilig Kreuz, dachte zunächst an einen Karnevalsscherz, als sie vom Benedikt-Rücktritt erfuhr. „Er würde nicht zurücktreten, wenn er noch weiter machen könnte“, meint sie. „Hochachtung, wie er reagiert, Hut ab!“ Der Nachfolger werde es nicht leicht haben, „ganz so viel wird sich auch nicht ändern“, meint sie.