Ende Januar hat das Land NRW das bundesweit erste Gesetz zum Klimaschutz beschlossen. Denn zunehmende Wetterextreme wie Starkregenfälle, Hitzeperioden oder orkanartige Winde, auch in Gladbeck, belegen, „dass der Klimawandel nicht nur kommt, sondern längst da ist“, sagen der Leiter des Umweltreferates, Dr. Dieter Briese und Klimaschutzmanagerin Katrin Weidmann. Welche Auswirkungen die Wetterextreme und das sich verändernde Klima für die Stadt und ihre Bevölkerung in den kommenden 30 Jahren haben, ist so ein Kernthema für das Fachreferat, das der Verwaltungsspitze und der Ratspolitik die Klimaprognosen und Handlungsempfehlungen aufweist.
Auf diese Veränderungen müssen wir uns in Gladbeck einstellen:
Gesundheit
Erhöhte Krankheits- und Sterberaten aufgrund zunehmender Hitzewellen, die im Besonderen auch die steigende Anzahl der über 65-Jährigen belastet. Negativbeispiel: der Extremsommer 2003 mit europaweit 55 000 Hitzetoten. Mehr Hitzeinseln in den versiegelten Innenstädten. In Gladbeck aufgrund des „grünen“ Umlands „nur“ Temperaturunterschiede (Land/Innenstadt) von etwa vier Grad (Großstädte wie Essen bis 10 Grad). Energetische Belastung durch Gebäudekühlung. Da Wirttiere (Rötelmaus) und übertragende Insekten (Zecken, Mücken) sich stärker vom Süden in unsere wärmer werdende Region verbreiten, nimmt die Gefahr zu, an Gehirnhautentzündung (FSME), Borreliose oder dem Hantavirus zu erkranken. Zudem droht durch Infektion weitere Erkrankung mit Dengue, Leishmaniose, Salmonellen oder Campylobacter. Auch Schädlinge wie der Eichenprozessionsspinner sind auf dem Vormarsch, dessen Raupenhaar tödliche Allergien auslösen kann.
Biol. Vielfalt und Naturschutz
Die uns heute bekannte Vegetation wird sich mit früheren Aufblühterminen und verlängerter Vegetationszeit verändern. Laut Klimaprognosen gehen so 13-35 % der heimischen Arten verloren, denen durch Zuwanderung ein Artengewinn von 17-24 % entgegen steht. Darunter gefährliche Zuwanderer wie die nordamerikanische Beifußart „Ambrosia“. Ein „Unkraut“ das heimische (Nutz)Arten verdrängt. Seine Pollen zählen zu den stärksten Allergie-Auslösern.
Wasserwirtschaft
Heißere Sommer gefährden Quellgebiete und feuchtes Grünland. Durch Starkregen nimmt Phosphateintrag in stehende Gewässer zu und fördert das Wachstum giftiger Blaualgen. Da der Niederschlag zunimmt, steigt durch Auslastung des Kanalnetzes die Hochwassergefahr. Die Stadt sowie Wasserverbände reagieren darauf, indem vorbeugend die Rückhaltesysteme ausgebaut wurden und werden. Privateigentümer sollten Rückschlagklappen in ihre Hausentwässerung einbauen.
Landwirtschaft und Boden
Im Mittel wird die Temperatur um 1,9 °C ansteigen, im Sommer sogar um 3°C mit dann entsprechend trockeneren Monaten (bis zu 20 %). Die selteneren Niederschläge im Sommer verlagern sich in andere Jahreszeiten mit deutlich nasseren (10-12 %), milderen und schneeärmeren Wintern. Wetterextreme (Hitzewellen, Starkregen, Gewitter, Stürme) nehmen zu, mit möglichen Ernteeinbußen für die Landwirtschaft, die sich neben verstärkter Bodenerosion durch Starkregen auf zunehmende Gefährdung durch Pflanzenschädlinge einstellen muss. Entsprechend muss die Bodennutzung und Überplanung zentraler gesteuert werden.
Wald und Forst
Durch Extremwetterereignisse ist auch mit größerem Schaden in Waldgebieten zu rechnen. Schwere Orkantage (Windgeschwindigkeiten über 103 km/h) nehmen um 40-60 % zu. Das Waldbrandrisiko verschiebt sich vom Frühjahr in den Sommer. Vorteil für Gladbeck: Der heimische Mischwald ist weniger anfällig als Monokulturen. Die Eiche profitiert auf trockenen Standorten, die Konkurrenzkraft der Buche nimmt im trockenen Flachland ab, die Fichte ist wenig anpassungsfähig bei Trockenheit und Hitze. Pflanzenschädlinge überleben besser (Winter) und nehmen zu. Im Feuchtwarmen gedeiht der Schimmel und Pilze gefährden die Bäume. Der Stadtwald erfüllt nicht nur als Naherholungsoase eine wichtige Funktion, sondern bindet auch klimaschädliches Kohlenmonoxid. Eine nachhaltige Bewirtschaftung und Auswahl geeigneter und an die Klimaveränderung angepasster Baumarten sichert langfristig den Bestand der grünen Stadt-Lunge.
Tourismus
Vorteil der Klimaerwärmung: Die Bedingungen für naturnahe Freiluft-Aktivitäten in Gladbeck verbessern sich, da übers Jahr gesehen generell die Tage im Komforttemperaturbereich zunehmen (von 30 auf 43 Sommertage) und auch die Herbstmonate sonnenreicher sind.Zugleich ist aber auch mit mehr Regen und Hitzetagen (von 6 auf 10) im Frühjahr und Sommer zu rechnen. Die Bedeutung von Grünschneisen- und Freiflächen nimmt für die Frischluft- und Kältezufuhr in Richtung Innestadt zu, die so unbedingt zu sichern, zu erhalten und gegebenenfalls zu erweitern sind. Auch der innerstädtische Baumbestand wird durch die Zentralen Betriebe der Stadt nachhaltig gesichert und weiterentwickelt. Schlechte Nachricht für Wintersport- und Rodelfans. Was sich schon in den letzten Jahren verstärkt zeigt, wird sich für die Wintermonate weiter fortsetzen: Generell mildere Temperaturen, so dass die Schneesicherheit in unseren Breiten weiter sinken wird (Menge nimmt um 40-60 % ab).