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Beim Parteitag der Piratenpartei in Meinerzhagen wurde der Gladbecker Thomas Weijers jetzt auf NRW-Listenplatz 3 gewählt. Sollte den Piraten im September der Einzug in den Bundestag gelingen, wäre Thomas Weijers im Berliner Parlament vertreten.

Die WAZ-Redakteure Michael Bresgott und Georg Meinert sprachen mit dem 31-Jährigen über Piraten-Perspektiven und -Programmpunkte.

Herr Weijers, wann gibt es den ersten Piraten-Bürgermeister in Gladbeck?

Thomas Weijers: Ich glaube, dafür braucht die Stadtgesellschaft noch ein wenig Zeit. Aber ich bin mir sicher, dass wir bei der nächsten Kommunalwahl 2014 in den Gladbecker Stadtrat einziehen. Zwei Sitze sind realistisch.

Was wollen Sie als Partei dort anders machen?

Wir wollen vor allem die Prinzipien der Transparenz und bürgerschaftlichen Teilhabe konsequent umsetzen. Bisher geschieht das in Gladbeck nur oberflächlich. In der Praxis sind Verwaltung und etablierte Politik kaum dazu bereit, Vorschläge und Ideen der Bürger wirklich zu beachten und umzusetzen.

Wo ist die lokale Präsenz der Piraten - es ist wenig zu sehen.

Wir haben uns in jüngerer Zeit durchaus zu lokalen Themen wie etwa Innenstadtentwicklung und Bahnhof Ost geäußert - aber leider wurde nicht alles von der WAZ abgedruckt. Grundsätzlich haben wir als junge Partei den strukturellen Nachteil, dass wir über kein festes Parteibüro in Gladbeck verfügen. Dafür haben wir die Stammtisch-Struktur, wir haben offene Treffen alle zwei Wochen im Café Stilbruch und unsere intensive Internet-Kommunikation.

Thomas Weijers zeigte sich im WAZ-Interview selbst überrascht über seinen Top-Listenplatz. Foto: Olaf Fuhrmann
Thomas Weijers zeigte sich im WAZ-Interview selbst überrascht über seinen Top-Listenplatz. Foto: Olaf Fuhrmann © WAZ FotoPool

Stichwort: Internet-Kommunikation. Im letzten Jahr sind die Piraten vor allem durch gegenseitige Beleidigungen und partei-internes Mobbing in Internet-Foren aufgefallen. Schadet das?

Bei den Mitgliederzahlen nicht. Auf Bundes- und Landesebene haben wir diese Zahl in kürzester Zeit vervielfacht. Es ist klar, dass es dadurch auch innerparteilich zu Turbulenzen kommt. Aber solche Konflikte gibt es auch in den anderen Parteien, nur werden sie dort nicht wie bei uns öffentlich gemacht.

Gibt es parteiinterne Konflikte auch in Gladbeck?

Nein, wir sind hier 30 Mitglieder, davon 8 bis 15 Aktive. Es gibt keinen Ortsverband, keine Hierarchie. Wir beschließen bei unseren Treffen alles zusammen oder beteiligen die, die nicht kamen, auch per E-Mail. Wir arbeiten ganz konstruktiv.

Was stört Sie eigentlich an den anderen Parteien?

Vor allem die mangelnde Beteiligung der Basis. Parteivorstände dürfen keine Eliten sein, die letztlich alles bestimmen. Solche Vorstände müssen sich stets im Austausch mit der Parteibasis befinden. Das versuchen wir als Piratenpartei konsequent zu verwirklichen. Alle zwölf Monate wird bei uns der Vorstand neu gewählt, wer sich im Amt bewährt hat, kann natürlich wiedergewählt werden. Alle Denkprozesse und Entscheidungen sind bei uns öffentlich, so kann sich erst gar nicht eine partei-interne Macht-Elite absondern.

Wie kamen Sie an den aussichtsreichen Listenplatz für die Bundestagswahl?

Ich bin selbst mehr als überrascht, eigentlich habe ich mit einer Platzierung zwischen 10 und 15 gerechnet. Als es dann der 3. Platz war, musste ich schon schlucken. Ich glaube, dass es am Ende so war, dass ich mir viel Vertrauen durch meine Mitarbeit im Bereich Gesundheitspolitik erarbeitet habe.

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Die Platzierung ist so gut, dass Sie nach Berlin gehen, wenn die Piraten die 5-Prozent-Hürde schaffen – aber schafft die Partei das, die Wahlen sind längst kein Selbstläufer mehr?

Der Hype ist vorbei, die hohen Umfragewerte und Wahlergebnisse waren von uns nicht nur erarbeitet, vielmehr wurden wir in den Medien hochstilisiert. Aber ich glaube, dass wir es schaffen. Inzwischen haben wir eine ausreichende Kernwählerschaft. Wir müssen uns nur auf unsere Kernansprüche konzentrieren wie etwa Transparenz in der Politik, lobbyfreie Arbeit, Bürgerbeteiligungen oder freies Wissen für Bildung und Forschung.

Wie ist Ihr Verhältnis vor Ort zu den anderen Parteien?

Gar nicht schlecht, es gibt immer wieder konstruktive Gespräche mit den kleinen Parteien, aber auch mit der Gladbecker CDU. Kommen von dort gute Ideen, sind wir nicht abgeneigt, sie mit zu vertreten. So gesehen würden wir bei einem Ratseinzug 2014 sachbezogen arbeiten, uns auf die Gremienarbeit konzentrieren, auf keinen Fall als Koalitionspartner fungieren. Wir werden den Etablierten auf die Füße treten.

Bei der Aufstellungsversammlung in Meinerzhagen errang Thomas Weijers einen Top-Listenplatz für die Bundestagswahl im September.
Bei der Aufstellungsversammlung in Meinerzhagen errang Thomas Weijers einen Top-Listenplatz für die Bundestagswahl im September. © dpa

Zum Beispiel?

Die lokale Internet-Präsentation. Wir fordern den Livestream aus dem Rat, das ist weder aufwändig noch teuer, das sind Ausreden der Lokalpolitik. Von jedem IT-Fachmann der Verwaltung ist das zu machen. Die etablierten Parteien haben nur Angst, dass ihnen dauerhaft auf die Finger geguckt wird, deshalb wollen sie das nicht. Wir plädieren auch für ein digitales Mitbestimmungsrecht: Im Netz können Ideen vorgestellt werden und ein Votum der Menschen eingeholt werden. Das ist Demokratie.

Mit welchem Ziel gehen Sie in den Bundestagswahlkampf?

Wenn wir reinkommen, bin ich tatsächlich dabei, denn der Listenplatz 3 in Nordrhein-Westfalen bedeutet Platz 5 auf der Bundesebene. Ich freue mich auf die Verantwortung. Wir wollen unseren Anspruch auf politische Beteiligung in Berlin geltend machen.