Gladbeck.

Das Problem glücksspielender Männer, die den Lebensunterhalt der Familie gefährden, war von Frauen aus der türkischen Gemeinde an den Integrationsrat herangetragen worden. Ein Problem, das von der Gewerbeaufsicht der Stadt bestätigt wurde (wir berichteten), so dass zur jüngsten Sitzung des Gremiums ein Experte zum Vortrag geladen wurde.

Wissenschaftler Mete Tuncay (Mannheim), der sich speziell mit dem Problem Glücksspielsucht bei Migranten beschäftigt hat. Der Experte führte aus, dass türkisch-orientalische Männer besonders gefährdet seien, wenn sie ihrem Selbstverständnis, Ernährer der Familie zu sein, aufgrund von Arbeitslosigkeit nicht gerecht werden können.

Sozialer Fluchtpunkt der ungewollten Freizeit sind so häufig Teestuben, Kulturvereine und Internet-Cafés, in denen oft auch Glücksspielautomaten stehen und Wetten möglich sind. Hoffnungslosigkeit, Langeweile und der Wunsch, vielleicht doch durch den großen Gewinn dem tristen Alltag zu entfliehen, führten oft schleichend in die Sucht.

Es gelte „mehr Demokratie zu wagen“ und die Kommunalverwaltung und die Lokalpolitik zu sensibilisieren, um dem Problem wirkungsvoll zu begegnen, so Tuncay. Was für Behörden und Beratungsstellen in der Praxis bedeute, in die Parallelgesellschaften stärker einzudringen. Also im lokalen Migranten-Milieu mit Mitarbeitern persönlich, seriös und wohlwollend präsent zu sein sowie sich mit migrationsspezifischen Service-Diensten und muttersprachlichen Profis zu vernetzen.

Zugleich müsse über das Thema Spielsucht in den betroffenen Migranten-Gemeinden selbst, über muttersprachliche Medien und Info-Veranstaltungen, aufgeklärt werden. Obwohl Spielsucht bei Migranten ein gesamtgesellschaftliches Problem sei, sei Gladbeck bislang einzige NRW-Kommune, „die das Thema offensiv angeht“, lobte Tuncay.

„Der Integrationsrat will das Thema auch vom Landes-Integrationsrat behandelt wissen und selbst lokale Konzepte gegen Spielsucht mit der Stadtverwaltung erarbeiten“, so Vorsitzender Bahtiyar Ünlütürk.