Gladbeck.

Groß gefeiert wurde es nicht von der St. Stephani-Gemeinde in Zweckel, das 75. Fest der Kirchweihe ihres Gotteshauses an der Söllerstraße. Dabei birgt die Kirche doch einige Besonderheiten „und ein Geheimnis, das sich erst auf den zweiten Blick und mit speziellerem Geschichtswissen erschließt“, erzählt Superintendent Dietmar Chudaska.

Am 1. Advent 1937 (28. November) wurde die heutige St. Stephani- Kirche geweiht. Kein reiner Neubau, entstand das Gotteshaus doch an dem bisherigen Ort der im März 1914 in der ehemaligen Scheune des Bauernhofs Söller eingerichteten Notkirche. Letztere wurde auch nicht abgerissen, sondern als Kirchenraum weiter genutzt und durch Um- sowie Anbauten erweitert.

Altes Fachwerk der Notkirche

„Diese alte Fachwerk-Bausubstanz ist immer wieder bei Renovierungsarbeiten zu Tage getreten“, erzählt Pfarrerin Brigitte Ellgaard. Und die Gemeindemitglieder stehen bei jedem Gottesdienst auf ihrer „Urkirche“. Der Kirchenboden ruhe auf einfachen Querbalken, „die gut durchlüftet auf Asche liegen und immer noch völlig in Ordnung sind“, so die Pfarrerin.

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Für den aktuellen Gemeindebrief hat Presbyter Dr. Peter Hardetert vieles aus der Historie von St. Stephani zusammen getragen. So ist zu erfahren, dass die Notkirche mit Hilfe der Hibernia Bergwerksgesellschaft entstand, die den Söller’schen Hof erworben hatte, um hier eine Zechenbahn und Wohnhäuser für die Bergleute zu errichten. Eine gute Nachbarschaft, da die Stephani-Gemeinde großzügig mit Deputatkohle versorgt wurde, um das Gotteshaus und den angebauten Gemeindesaal zu beheizen.

Mit der zunehmenden Industrialisierung stieg auch der Bedarf an Bergleuten im Emscherland. Durch Anwerbung und Zuwanderung auch aus dem evangelischen

Küsterin Brigitte Weimann an der ersten Glocke der Kirche die jetzt im Seitengang steht.
Küsterin Brigitte Weimann an der ersten Glocke der Kirche die jetzt im Seitengang steht. © WAZ FotoPool

Niederschlesien wuchs die Stephani-Gemeinde, so dass 1920 eine vierte Pfarrstelle in Gladbeck-Zweckel eingerichtet wurde. Zum Pfarrer gewählt wurde am 25. April Friedrich Meier. Seine Handschrift ist nach wie vor am Kirchenbau zu lesen. Denn Pfarrer Meier war auch Hilfsprediger in Soest und Umgebung gewesen, wo ihm der Anröchter Kalksandstein mit seinen lebhaften Grüntönen und Fossilienresten gut gefallen hatte. Den wollte der Pfarrer auch im bescheidenen Maße im Zweckeler Kirchenneubau einsetzen – was St. Stephani bis heute einen besonderen Charme verleiht.

Seit Anfang der 1930er Jahre waren Wunsch und Notwendigkeit nach einer größeren,

Bekennende Kirche als Oppositionsbewegung

Gegen Versuche einer Gleichschaltung von Lehre und Organisation der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK) in der Zeit des Nationalsozialismus entstand 1934 die Bekennende Kirche (BK) als eine Oppositionsbewegung evangelischer Christen.

Den Nationalsozialismus als Ideologie verurteilte die BK formell als unchristliche Irrlehre.

„richtigen“ Kirche gewachsen, berichtet Peter Hardetert. 1936 konnte der Bau nach Zusage öffentlicher Mittel beginnen. Letztere keine Selbstverständlichkeit, da die Gemeinde Gladbeck 1934 die führende Rolle in der Entwicklung der bekennenden Kirche im Kreis übernommen hatte. Klare Opposition gegen die Nationalsozialisten und ihre Gleichschaltung der Deutschen Kirchen auf Parteilinie.

Die St. Stephani-Gemeinde um Pfarrer Meier hat sich am 11. März 1934 feierlich zum Petruswort bekannt: „Es ist in keinem anderen Heil, es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, darin wir sollen selig werden“. Und in diesem Spruch liegt das Geheimnis von St. Stephani.

Denn, wer wie Peter Hardetert genau hinschaut, erkennt, dass im Spruch neben „Heil“ auch das Wort „Anderen“ groß geschrieben wurde. „Das soll in einer Nacht-und-Nebel-Aktion durch führende Köpfen der bekennenden Kirche geschehen sein“, so der Superintendent.

„A“ und „H“ als Anspielung auf den Führerkult um Adolf Hitler, was dem Bekenntnisspruch mutig zusätzliche Brisanz verlieh.