Gladbeck. .
„Da kennt man jemanden ewig und drei Tage, und erfährt jetzt erst, dass der solche Bilder malt.“ Nicht nur Christa Roland ist an diesem Sonntagmorgen bass erstaunt über den „Schorsch“, wie György Angel (56) genannt wird. Bekannt ist der Braucker für sein hohes soziales Engagement und kämpferischen Einsatz zur Behebung von Missständen im Stadtteil, seit 2009 sitzt er als SPD-Ratsherr im Rat der Stadt. Nun outete sich der Bergmann im Ruhestand als talentierter Künstler und sorgte damit für großes Erstaunen bei den Gästen der Ausstellungseröffnung von „Arbeit & Kunst“ im SPD-Büro.
„Schorsch“, der in seiner Begrüßungsrede eingestand, seit seiner Kindheit zu zeichnen und zu malen, nahm das Erstaunen der Besucher mit einem Lächeln hin. „Das wusste wirklich keiner. Seit ich arbeite, stand die Kunst für mich nie im Mittelpunkt. Ich hatte nie genug Zeit.“
Vater erkannte das Talent
Bevor er zur Zeche ging, während der Schulzeit, hat das Zeichnen und Malen dem in Essen aufgewachsenen Ungar viel bedeutet. Der Vater hatte das Talent des Jungen erkannt und ihn darin unterstützt. „Als mein Vater starb, war ich zehn Jahre alt. Das Zeichnen war für mich auch ein Stück Trauerarbeit“, erzählt György Angel nun. Und er meint im übrigen wirklich Arbeit, wenn er über seine Kunst redet. „Ich habe mich abgearbeitet an meinen Bildern und an den Themen“, erklärt er. Soll heißen: Er hat sich die Techniken autodidaktisch erarbeitet, so lange Hände gezeichnet, bis die erzielten Ergebnisse ihn zufrieden stellten. „Kunst ist auch handwerklich gutes Können“, findet er. Man kann das sehen in den Werken, vor allem in den Bleistift- und Kohlezeichnungen. Ausdrucksstarke Porträts, gekonnt gezeichnete Skizzen zeigt er. Aber auch Aquarelle von Landschaften, kleine Momentaufnahmen aus den Urlauben in Ungarn, in der Bretagne. Die ganz frühen Arbeiten liegen in einer Vitrine und belegen: Der Schüler György zeichnete, wo immer er ein Papier fand, und wenn’s das Matheheft war.
Angel hat 1975 Abitur gemacht, und die Frage stellt sich, warum einer, der noch dazu ein künstlerisches Talent hat, sein Arbeitsleben lang Bergmann war. „Ich wollte Pädagoge werden“, gesteht er heute. Aber als damaliges Mitglied der KPD, Kommunistischen Partei Deutschland, hätte ihm als Lehrer Berufsverbot gedroht. An der Alternative eines Maschinenbaustudiums scheiterte er selbst: Bei der ersten technischen Zeichnung ging der Künstler mit ihm durch - und er fiel durch die Prüfung. „Am nächsten Tag bin ich nach Katernberg zu Zollverein gegangen“, sagt Angel. Er lernte Betriebsschlosser, engagierte sich im Betrieb für die Kollegen. „Ich war immer zufrieden mit meiner Arbeit“.
Ausstellung auch zum Zimtsternfest geöffnet
Was meine Bilder erzählen, darüber sollte sich jeder seine eigenen Gedanken machen“, sagt György Angel. Einige Hinweise gibt er den Betrachtern mit Texten über den Werken aber doch an die Hand, und outet sich so nebenbei als Philosoph: „Erfasste Landschaften sind Ausdruck und Spiegel einer Seelenlandschaft - und nicht unbedacht gewählt.“
SPD-Fraktionschef Michael Hübner wies auf die bundesweite Auszeichnung „Kommunalfuchs“ hin, die die Gladbecker SPD für ihre Kulturarbeit erhalten hat. Und er zitiert Johannes Rau: „Kultur ist nicht das Sahnehäubchen, sondern der Hefeteig.“ Angels Werke sind im SPD-Büro, Goetheplatz, auch beim Zimtsternfest, 30. November, bis 24 Uhr zu sehen.