Gladbeck. .
Diese Mieter lieben gerade das, was unsereins ein Greuel ist: Schummmerlicht, (fließend) Wasser an allen Ecken und Enden, Schlamm im Umfeld der Behausung und schließlich lautstarkes Geschrei der lieben Kleinen. Eigentlich also die idealen Mitbewohner für – sagen wir mal – einfache Gegebenheiten. Und doch sind viele Mitglieder der Familie Schwalbe auf der Suche nach einem Zuhause, weil sie oft keinen geeigneten Unterschlupf finden. Denn: Es gibt immer weniger Plätze, an denen sich die gefiederten Flitzer wohl fühlen und ein Nest bauen. Ställe des Reitervereins Gladbeck an der Kirchhellener Straße gehören zu diesen selten gewordenen Orten. Das war für den NABU NRW ein Anlass, die Anlage als „Schwalbenfreundliches Haus“ auszuzeichnen.
Monika Thünker, die erste Vorsitzende des Vereins, überlegt: „Ja, seit wann haben wir hier Schwalben? Eigentlich seit mindestens 30 Jahren!“ Früher klebten die rundlichen Nester in (fast) jedem Kuh- oder Pferdestall unter der Decke, schwebten über Tieren und Menschen. Letztere sind es, die den Vögeln den Brutraum nehmen. Die Folge: Schwalben werden rar. Feldwege und Hofeinfahrten sind asphaltiert, so dass den Tieren feuchter Boden oder Lehm zum Nestbau fehlt. Anders auf dem rund vier Hektar großen Areal des Vereins.
Chance zum Nestbau
„Hier gibt es den Quälingsbach und überall Wasseradern, so dass der Boden feucht ist“, erklärt Geschäftsführerin Brigitte Frericks-Bösch. Deswegen können Schwalben im Frühjahr, wenn sie hiesige Gefilde ansteuern, auch auf dem Gelände an der Kirchhellener Straße Baumaterial für ihr Zuhause finden. „Sie nutzen ihre Nester nur während der Brutzeit“, erklärt Bärbel Stradtmann, Pferdewirtschaftsmeisterin und Reitlehrerin.
Aber das Jahr für Jahr, denn Umzüge in andere Wohnungen oder immer wieder ein Häuslebau schwebt Schwalben nicht vor. Ende April fliegen die Untermieter ein und bleiben bis etwa Ende August/Anfang September, bevor sie sich zum Überwintern wieder gen Süden aufmachen.
Frericks Bösch rechnet vor: „Wir haben fünf Nester, das bedeutet fünf Paare. Sie nisten zweimal in der Saison. Im Durchschnitt zählt eine Brut drei bis sechs Jungvögel.“ Das Damen-Trio freut sich über die fidelen Flieger. „Das ist ein Geschwätz in den Pferdegassen! Die erzählen sich dauernd etwas, das wird richtig laut“, plaudert Bärbel Stradtmann.
Und auch die vierbeinigen Stallbewohner freut’s. Die Reitlehrerin: „Die Pferde finden Schwalben gut, denn sie sind ein hervorragender Insektenschutz.“ Thünker erläutert: „Nahrung finden Schwalben bei uns genug, denn wo Pferde sind, sind auch Fliegen und Mücken.“ Ein Grund, den Vögeln eine Unterkunft zu gewähren. Doch vor allem beflügelt Brigitte Frericks-Bösch ein Ziel: „Wir wollen nicht, dass die Schwalbe hierzulande ausstirbt.“