Gladbeck. .

Wer die Schwelle zum Rentforter Treff überschreitet, stößt die Tür zu Kindheitstagen auf. Vorausgesetzt, man kann sich überhaupt noch an die Ära vor Riesen-Supermärkten auf der grünen Wiese und Discounter erinnern. An Zeiten, in denen in ihrem kleinen Lädchen eine meistens gemütliche Geschäftsfrau – idealerweise mit blendend weißer, gestärkter Schürze – Bonbons abzählte, von Hand Brot schnitt und ohne zu Murren auch mal nur ein winziges Eckchen Käse verkaufte. Und vor allem immer für ein Schwätzchen zu haben war. Erna hießen sie, die Händlerinnen in den Tante-Emma-Läden. Martha oder auch Alwine. Sie waren im Quartier bekannt.

An der Hegestraße in Alt-Rentfort ist’s ein Andreas, der hinter dem Tresen steht. Und auch er, Geschäftsmann Dietrich, ist ein bekanntes Gesicht im Viertel. Hier ist er aufgewachsen. „Ich bin Rentforter, den Schlag muss man kennen“, sagt er. Er kennt seine Kundschaft aus dem Eff-Eff, weiß genau, wer welche Zigarettenmarke raucht, welches Magazin liest und welche Wurstsorte am liebsten auf sein Bütterchen streicht. „Es war eine Schnapsidee vor drei Jahren, diesen Laden zu übernehmen“, erzählt Andreas Dietrich. Manch’ ein Skeptiker mag gedacht haben: Dem geht ruckzuck die Puste – oder besser gesagt: die Kohle – aus . . .

Nörgler waren ihm wurscht

Dietrich waren Nörgler wurscht. Der gelernte Großhandelskaufmann, der keine zwei Straßen von seinem Rentforter Treff wohnt, hatte ein Konzept im Kopf. Zurück zu den Wurzeln, lautet sein Erfolgsrezept. Denn ein Erfolg ist sein Tante-Emma-Laden geworden. „Er läuft“, zieht Dietrich zufrieden Bilanz. Vier Leute beschäftige er mittlerweile – „auf 400-Euro-Basis“. Andreas Dietrich hat Grund zur Freude: „Der Laden rentiert sich!“

Als Junge hat er einst selbst in diesen Räumen gestanden und vielleicht nach Süßigkeiten gelinst. „Mehr als 100 Jahre war dieses Geschäft schon einmal ein Tante-Emma-Laden“, so Dietrich. Als die Räume leerstanden, sah er seine Chance gekommen. Einen Laden, in dem die Menschen aus der Nachbarschaft mal eben das kaufen können, was ihnen gerade im Haushalt fehlt. Denn: In der Gegend existiert – gerade für ältere Menschen wichtig – fußläufig erreichbar kein Geschäft für den täglichen Bedarf.

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Er hat nach den Trauben gegriffen, von denen manch einer behauptete, sie hingen für Dietrich zu hoch. Und hier steht der Rentforter heute immer noch in seinem Treff: Über ihm baumeln an Haken kleine Bananen-Stauden; im Holzregal stehen Körbe mit Brötchen und anderen Backwaren; die Kühltheke bietet – liebevoll angeordnet – ein kleines, aber feines Sortiment an Aufschnitt und Käse. Ein Metallschild, auf dem ein Junge a la Geißen-Peter hüpft, macht Reklame für Alpenmilch. Nostalgiker kommen bei Dietrich auf ihre Kosten.

380 Artikel führt Dietrich im Sortiment. Er beteuert: „Hab’ ich nicht, gibt’s bei mir nicht. Ich kann alles besorgen.“In den Gläsern hinter der Theke mit der Kasse und Zeitschriften locken Leckereien Naschkatzen. „Bei mir lernen Kinder rechnen“, plaudert Dietrich. Eine Veilchen-Pastille kostet zwei Cent das Stück, eine Schaumzucker-Erdbeere fünf Cent. Das Brötchen verkauft Dietrich für 27 Cent. Und einen Kirsch-Lolly oder ein Scheibchen Wurst für Kinder gibt’s gratis. Ebenso den kleinen Schwatz. Das wissen die gut 150 Kunden pro Tag, viele kommen regelmäßig in den Rentforter Treff, zu schätzen. Hier bei Andreas Dierich erhalten sie zu ihrer Zeitung und ihren Konserven-Erbsen auch die persönliche Bedienung und Zuwendung. Eben wie in der guten alten Zeit.