Gladbeck. .
„Kunde ersticht Sachbearbeiterin im Jobcenter Neuss“ - diese Nachricht schockierte vor wenigen Wochen natürlich auch die Mitarbeiter im Gladbecker Jobcenter. Wie sie mit Bedrohung im Alltag umgehen und welche Maßnahmen für ihre Sicherheit ergriffen werden, das fragte die WAZ nach.
„Anlässe für aggressive Handlungen sind nicht systematisierbar“, erklärt Martin Linkemann, Sprecher der Jobcenter im Kreis Recklinghausen. Der Vorfall in Neuss habe alle Mitarbeiter der Jobcenter schockiert. Es sei noch immer in den Köpfen sehr präsent, die Betroffenheit im Kollegium enorm. Eines müsse allen Beratern in den Jobcentern klar sein: „Absoluten Schutz vor physischen Angriffen gibt es nicht. So etwas kann leider jedem passieren“, so Linkemann.
Bereits vor dem tödlichen Angriff in Neuss wurde beschlossen, die Sicherheitsvorkehrungen in den Jobcentern des Kreises Recklinghausen zu aktualisieren. Dazu gehöre, durch bauliche Maßnahmen die Büroräume durch Türen miteinander zu verbinden, damit diese in der Regel offen stehen können. Außerdem solle das elektronische Alarmierungssystem für den Ernstfall erneuert werden. Ebenso soll stärker nur noch nach Terminvereinbarung beraten werden, weniger spontane Gespräche stattfinden. So können spontane Aggressionen eher verhindert werden, hofft man.
Aggression verbal entgegenwirken
Ein weiterer wichtiger Baustein sei die Sensibilisierung der Mitarbeiter. „Wir bieten für unsere Belegschaft ein erweitertes Angebot an Schulungen zu Deeskalationstrainings an. Meistens haben es unsere Berater mit verbalen Drohungen zu tun – physische Übergriffe sind Gott sei Dank eher die Ausnahme“, sagt Martin Linkemann. In manchen Jobcentern werden Sicherheitsdienste eingesetzt, in Gladbeck habe man sich dagegen entschieden. „Man muss bei solchen Fragen entscheiden, ob ein Sicherheitsdienst für Abschreckung oder erst recht für Provokation sorgt“, meint Linkemann. Letzteres wolle man ja vermeiden.
Seit dem Neusser Mordfall seien viele Mitarbeiter sensibilisierter für problematische Fälle. „Die Mehrheit der Mitarbeiter geht viel professioneller mit brenzligen Situationen im Gespräch um. Sie tauschen sich auch untereinander viel häufiger aus. Welche Konsequenzen wir für die Arbeit im Jobcenter aus dem Unglück ziehen können, wird uns in den nächsten Monaten intensiv beschäftigen“, resümiert Linkemann. Nachdenklich fügt er hinzu:„Der Fall Neuss ist noch lange nicht vergessen.“