Gladbeck. .
Die Vergangenheit unter Tage ist bald vergessen und begraben; Grubenlampe und Pannschüppe haben die Bergleute auf der Zeche Zweckel vor nunmehr fast 50 Jahren an den Nagel gehängt. Typische Utensilien aus ihrem früheren Berufsleben haben die einstigen Kumpel als Erinnerungsstücke im Keller oder auf dem Speicher gebunkert. Manche Relikte dieser Ära sollen in Museen oder Ausstellungsvitrinen von dieser Zeit jüngeren Generationen erzählen, die heutzutage tief versunken scheint. Doch bei manchen Gelegenheiten holen die Männer diese verschütt gegangenen Jahre zurück ans Tageslicht. Wenn sie von damals erzählen, erwacht der Bergmann-Alltag wieder zum Leben.
So war es beim ersten Wiedersehen einstiger Kumpels im vergangenen Jahr, das der Förderverein Zeche Zweckel organisierte – und so wird es gewiss auch beim zweiten Treffen am morgigen Freitag sein. Denn wo Bergleute aufeinandertreffen, haben sie immer etwas zu erzählen – zumal sie bisweilen Jahrzehnte Seite an Seite malocht haben. „Man war auf Gedeih und Verderb unter Tage aufeinander angewiesen“, begründet Michael Polan das enge, ja geradezu familiäre Verhältnis der Männer untereinander. Einmal ganz davon abgesehen, dass oft Generationen im Pütt quasi Hand in Hand arbeiteten.
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Für den ersten Vorsitzenden des Fördervereins Zeche Zweckel steht außer Frage: Der Bergbau gehört zu Gladbeck wie das Kohlzeug (Arbeitszeug) zum Kumpel. „Ohne den Pütt gäb’s mich nicht“, meint Polan. Der 54-Jährige stöbert in seiner Freizeit gerne in der Lokalgeschichte, recherchiert und sammelt Objekte. Der Zweckeler berichtet: „Bevor in unserer Region Kohle gefunden wurde, war Gladbeck ein Kuhdorf. Dann lebten auf einmal 40 000 Leute hier.“
Vom Abbauhammer bis zum Brikett
Viele Männer, die als Knappe, Hauer oder Steiger zur Seilfahrt gingen, sind mittlerweile verstorben. Polan selbst schuftete nicht in den Stollen, doch Familienmitglieder. Der Zweckeler sammelt, was an die Pütt-Zeit erinnert – vom Bohrer bis zum fast 300 Millionen Jahre alten Baumstamm, dem ältesten, der je in Zweckel gefunden wurde. In einer blechernen Butterdose finden sich das Büchlein „Was singt ein Bergmann?“; das Pfeifchen mit dem abgenutzten Mundstück, das ein Kumpel schmauchte, eine noch funktionierende Taschenuhr, selbst die Rasierklinge des einstigen Besitzers wurde verwahrt.
Alfred Sarnowski hat noch Bergmann gelernt und auch als Kumpel gearbeitet – sieben Jahre lang. Mit der Grubenschließung schulte er um auf eine Tätigkeit über Tage: „Ich ging in die Stempelschmiede.“ Andere Kollegen wurden auf Zechen versetzt, deren Betrieb noch nicht eingestellt war. „Das war damals nicht wie heute, dass die Menschen dann arbeitslos wurden und zum Amt gehen mussten“, sagt Sarnowski. Der 68-Jährige kann aus eigener Erfahrung erzählen – wie all die anderen Kumpels der Zeche Zweckel.